Jugend für Ingenieurberufe begeistern

Wenn ich Primarschüler:innen erkläre, was eine Ingenieurin oder ein Ingenieur macht, sage ich, dass sie neue Dinge erfinden, die es noch nicht gibt. Der coolste Job, den ich mir vorstellen kann! Kürzlich war ich beim Flughafen Kloten in einer Halle mit Simulatoren, in denen die Pilot:innen gefährliche Situationen üben. Die eins zu eins nachgebildeten Cockpits stehen auf hydraulischen Stelzen – bewegen sich mit. Im Innern fühlt es sich so real an wie bei einem echten Flug. Eine Reihe von Techniker:innen unterhält die Simulatoren, Entwicklungsingenieur:innen arbeiten an Simulatoren für neue Flugzeugtypen. Das Schöne am Job: Auch sie sitzen öfters im Simulator. Sie müssen bei einem Problem nachvollziehen können, was nicht funktioniert hat.

Trotzdem findet die Betreiberfirma kaum Techniker:innen für den Job. Warum eigentlich? Bei den Pilot:innen gibt es kein Nachwuchsproblem, dort sind die Plätze im Cockpit nach wie vor begehrt! Es ist ein ganzer Strauss von Gründen, warum es zu wenige Ingenieur:innen gibt: Die Jugendlichen kennen die Berufe nicht, das ETH-Studium gilt als anspruchsvoll, und der Job in der Technik verspricht weniger Prestige als derjenige im Cockpit. Hinzu kommt, dass unsere Gesellschaft es nicht gewohnt ist, dass Frauen im Ingenieurbereich arbeiten. Viele Mädchen, die sich sehr gut machen würden, verzichten auf ein entsprechendes Studium.

Wenn wir mehr Ingenieur:innen wollen, müssen wir also diese Punkte anpacken. IngCH führt seit 30 Jahren Technik- und Informatikwochen durch: Den Gymi-Schüler:innen werden die technischen Studiengänge mit Workshops, Referaten und Besuchen bei Firmen und Hochschulen schmackhaft gemacht. Lassen sich die Jugendlichen überzeugen? Ja! Wir fragen die ehemaligen Teilnehmenden, was sie nun studieren. Ob die Woche ihren Entscheid zugunsten eines MINT-Berufs beeinflusst hat. Rund 10 Prozent geben an, dass sie aufgrund der Technikwoche ein technisches Studium gewählt haben. Bei jährlich 1300 Teilnehmenden sind dies immerhin 130 zusätzliche Ingenieur:innen.

Oft sind es die persönlichen Kontakte, die bei den Jugendlichen den Ausschlag geben. Sie finden die Person sympathisch, können sich mit ihr identifizieren. Vorbilder sind wichtig. Am besten sind die Kontakte vor Ort in einer Firma oder in einer Hochschule. Wenn eine 30-jährige Bauingenieurin von sich und ihrem Arbeitsalltag spricht, erreicht sie die Mädchen in einer Klasse viel besser, als wenn ein 55-jähriger Studiengangleiter online die Inhalte eines Studiums präsentiert.

Die Technik- und Informatikwochen leben von diesen Besuchen und persönlichen Kontakten. Umso mehr freut es mich, dass viele Firmen und Hochschulen solche Besuche ermöglichen. Dass sie ihren Ingenieur:innen, die im Alltag stark eingespannt sind und vielleicht sogar kurz vor der Abgabe eines wichtigen Projekts stehen, trotzdem Zeit geben, als Vorbilder die Jugendlichen und damit die Ingenieur:innen von morgen abzuholen!

 

Text: Guido Santner, Projektleiter Technik- und Informatikwochen IngCH

 

 

 

 

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