Update für die Monte-Rosa-Hütte
2883 Meter über Meer, 120 Plätze, 8000 Übernachtungen jährlich, 90 % Eigenversorgung mit Solarenergie: Die Eckwerte der Monte-Rosa-Hütte sind beeindruckend. Seit 14 Jahren in Betrieb hat Siemens ab 2020 den Energiespeicher und eine PV-Anlage ersetzt und das Gebäudemanagement mit Desigo CC und der IoT-Lösung Building X auf den neusten Stand der Technik gebracht.
Autor: Marc Estermann, Siemens
Quelle: Siemens
Wie ein Bergkristall thront die Monte-Rosa-Hütte hoch über Zermatt zwischen imposanten Berggipfeln und Gletschern. Als die futuristische Hightech-Hütte des Schweizer Alpenclubs (SAC) 2010 eröffnet wurde, galt sie als Leuchtturm der Energiezukunft, als Meisterwerk der Technik, das in enger Zusammenarbeit mit der Forschung entwickelt und erstellt wurde. Das Gebäude ist optimal gedämmt, erntet passiv Solarenergie, verfügt über eine Lüftungsanlage und ein biologisches Kleinklärwerk. Photovoltaik-Anlagen integriert in die Südfassade und freistehend unterhalb der Hütte kombiniert mit einem Batteriespeicher liefern den Strom für die gesamte Gebäudetechnik. Das Warmwasser stammt aus solarthermischen Kollektoren. Bei Bedarfsspitzen und im Winterbetrieb, wenn die Hütte zwei Monate im Schatten steht, kommt ein Blockheizkraftwerk zum Einsatz.
Voll integriertes Gebäudemanagement
Die komplexe Gebäudetechnik wird seit Beginn von einem Siemens-Gebäudeleitsystem gesteuert. Seit Kurzem ist die neuste Generation, Desigo CC, in Betrieb. «Das System erfasst den Betrieb der Hütte anhand mehrerer Messpunkte», erklärt Hansjörg Sidler von Siemens. «Neu können wir nebst Energie- und Haustechnikanlagen auch den Füllstand des Wassertanks, Betriebsdaten der Abwasserreinigung oder Wetterdaten direkt in der Cloud in Building X integrieren.» Zwischen Mai und September, wenn die Hütte geöffnet ist, kann der Hüttenwart den Betrieb im Gebäudeleitsystem Desigo CC direkt verfolgen und bei Störungen eingreifen. Mitte September schliesst er die Türen und überlässt die Hütte über die Wintermonate sich selbst. Die Gebäudetechnik aber bleibt in Betrieb, damit die Batterie, das Blockheizkraftwerk oder die biologische Kläranlage keinen Schaden nehmen. Zudem dient ein Raum Skitourengängern im Winter als sicherer, temperierter Unterschlupf. Dann kommt Building X von Siemens zum Zug.
Offene Plattform in der Cloud
Building X ist eine Cloud-basierte Plattform, die laufend Daten von Desigo CC empfängt. «Diese Plattform ist wie ein Betriebssystem, auf dem unterschiedliche Anwendungen laufen, die mit der riesigen Datenbasis arbeiten», so Sidler. Eine solche Anwendung ist der «Operation Manager». Damit kann der Hüttenwart die Anlage bequem per App fernüberwachen. Bei Problemen wird er benachrichtigt und ein virtueller Assistent unterstützt ihn, um die Störung zu beheben. Eine weitere Anwendung, der «Energy Manager», analysiert und visualisiert die Daten auch in der Vergangenheit über beliebige Zeiträume. So werden Ineffizienzen aufgedeckt. Diese Funktionen deckte bereits der «Siemens Navigator», die Vorgängerlösung von Energy Manager, ab. Neu ist alles noch einfacher und nutzerfreundlicher. Der entscheidende Unterschied aber ist, dass die Plattform offen und skalierbar ist, wie Sidler ausführt: «Es ist möglich, neue Anwendungen zu entwickeln und auf Building X zu installieren, nicht nur solche von Siemens.» Dies eröffne völlig neue Möglichkeiten, ähnlich wie Apps auf dem Smartphone.
Neue leistungsstarke Batterie
Die rund um die Uhr aufgezeichneten Energiedaten machten 2020 den Leistungsverlust der ursprünglich installierten Bleibatterie klar ersichtlich. Siemens erhielt den Auftrag, die Batterie zu ersetzen. Im September 2020 wurde eine Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie (LFP) mit einer Kapazität von knapp 216 kWh eingebaut. Für diesen Batterietyp sprachen im Vergleich zu einer Nickel-Metallhydrid-Batterie vor allem der tiefere Preis und das geringere Gewicht. Mit einer erwarteten Lebensdauer von 20 Jahren ist der neue Speicher zudem sehr langlebig. Die Regelung der neuen Batterie erfolgt anhand des Ladezustands und des maximal zulässigen Ladestroms. Lithium-Eisenphosphat-Batterien werden optimal im Bereich von 20 % bis 90 % Ladung betrieben, um eine lange Lebensdauer zu erreichen.
Höhere Autarkie dank neuer Solaranlage
Zwei Jahre nach der Batterie wurde auch die freistehende Photovoltaik-Anlage ersetzt, weil 9 von 27 Modulen beschädigt waren, obwohl sie speziell für den hochalpinen Einsatz angefertigt wurden. Die Witterungsbedingungen sind extrem: Die Temperatur in den Modulen kann innert weniger Stunden von -10°C auf 140°C steigen, die Konstruktion muss hohen Schneelasten und starken Winden trotzen. Da keine baugleichen Ersatzmodule mehr erhältlich waren, musste die gesamte Anlage ausgetauscht werden. «Auf dem bestehenden, robusten Eisengestell konnten wir grössere Module installieren, sodass die Leistung mit 14,7 kWp fast verdoppelt werden konnte», so Sidler. Auch die meisten elektrischen Komponenten einschliesslich der Wechselrichter wurden ersetzt und an Desigo CC angeschlossen. Und das Team von Sidler hat vorgesorgt: «Wir haben sechs Reservepanels produzieren lassen, falls es wieder einmal zu einem Schaden kommen sollte.» Peter Rudin, Hüttenchef der Monte-Rosa-Hütte, ist zufrieden mit den Lösungen von Siemens: «Die Implementierung von Desigo CC und Building X haben die Energieeffizienz und Autarkie der Hütte auf ein neues Niveau gehoben.» In Kombination mit der früheren Erneuerung der Batterie und der PV-Anlage konnten die Betriebsstunden des Notstromaggregats drastisch reduziert werden. «Dies hat signifikant zu einer noch nachhaltigeren Hütte beigetragen und unterstreicht das Engagement der SAC Sektion Monte Rosa für innovative und umweltfreundliche Lösungen», so Rudin.
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