Forscherinnen des D-CHAB als Unternehmerinnen
Forschende sind Lösungsjäger. Oft beginnt die Lösung mit einer Idee, wird als Experiment weiterverfolgt und kann, wenn sie aussergewöhnlich ist, sogar das Labor verlassen. Aber was passiert dann? Warum und wie werden Forschende zu Unternehmer:innen? Drei junge Forscherinnen bzw. Firmengründerinnen des Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften der ETH stellen sich vor und erzählen von ihren Erfahrungen.
Anna Beltzung – #dimpora
Mein Name ist Anna Beltzung und ich bin CTO und Mitgründerin der dimpora AG. Wir entwickeln die neue Generation von nachhaltigen Funktionsmembranen für die Outdoor-Textilindustrie.
Ich habe am D-CHAB der ETH Zürich meine Ausbildung als Chemieingenieurin absolviert: vom Bachelor bis zum Doktorat, insofern kenne ich das Departement sehr gut. Ich bin froh über meine Studienwahl, denn auch wenn es hart war, so sehe ich doch die Wirkung, die ich jetzt erzielen kann: Wir stehen am Anfang von fast allen Wertschöpfungsprodukten, die auf den Markt kommen sollen. Wir haben es in der Hand, über die Materialien nachzudenken, die wir in zukünftigen Produkten verwenden wollen, da wir über die Chemie und die Anforderungen für die Produktion in grossen Mengen Bescheid wissen. Insbesondere in der Textilindustrie gibt es einen echten Druck seitens der Marken und jungen Designer, beim Design vorauszudenken und sicherzustellen, dass alle Schritte, einschließlich der End-of-Life-Strategie, berücksichtigt werden. Wir freuen uns, sie auf diesem Weg zu begleiten.
Ich habe im Mai 2018, direkt nach meiner Promotion, angefangen, für dimpora zu arbeiten und arbeite seit Januar 2019 gemeinsam mit Mario Stucki. Seit Oktober 2022 haben wir ein Produkt auf dem Markt. Wir sind zwölf Leute im Team, die jeden Tag hart arbeiten. Es war bisher ein ziemlich holpriger, aber dennoch glücklicher Weg. Ich bin gespannt, was als Nächstes kommt, und würde definitiv jedem, der an Firmengründung motiviert ist, empfehlen, einfach ins kalte Wasser zu springen und es zu versuchen.
Sotiria Mostrou – #biosimo
Mein Name ist Sotiria Mostrou. Ich bin CEO und Mitbegründerin von Biosimo. Bevor ich meine akademische Laufbahn in Chemieingenieurwesen begann, war ich im Unternehmen meiner Familie in Griechenland tätig. Ich hatte schon immer einen unternehmerischen Geist und arbeitete unermüdlich daran, mit Kunden in Kontakt zu treten. Als jedoch die Wirtschaftskrise ausbrach, lernte ich meine erste harte und wichtige Lektion, nämlich wann es Zeit ist etwas aufzugeben, das nicht mehr funktioniert, und einen neuen Weg einzuschlagen.
Meine Leidenschaft für die Naturwissenschaften, insbesondere für die Chemie, führte mich zu meinem Doktoratsstudium. An der ETH lernte ich engagierte Leute kennen, mit denen ich mich über Katalyse-Engineering und chemisches Prozessdesign austauschte. So kam ich auf die Idee für mein Unternehmen. Die schiere Menge an Massenchemikalien, die für alle Materialien in unserem Alltag unerlässlich sind, war der Beweis dafür, dass es einen Markt für sie gibt, und so dachte ich, dass es auch einen Markt für umweltfreundlichere Versionen geben muss. Die Reise ging weiter. Wir haben nun seit der Gründung im letzten Jahr ausserordentliche Fortschritte gemacht und sind entschlossen, umweltfreundliche Chemikalien auf den Markt zu bringen und den CO2-Fußabdruck der chemischen Industrie zu verringern.
Mein Rat an junge Unternehmer:innen lautet: Folgt eurer Leidenschaft. Die Wissenschaft ist der Schlüssel zu zukünftigen Lösungen, also haltet immer Ausschau nach Problemen, die ihr selbst lösen könnt!
Michela Puddu – #Haelixa
Ich bin Michela, CEO und Mitgründerin des ETH-Spin-offs Haelixa. Ursprünglich komme ich aus Italien und kam 2012 in die Schweiz, um meine Masterarbeit an der ETH Zürich zu schreiben. Ich schloss mein Doktorat in Chemieingenieurwesen an der ETH ab und gründete das Unternehmen im Jahr 2016.
An der ETH habe ich mir ein solides Fachwissen über DNA-basierte Technologien für eine Vielzahl von Anwendungen angeeignet (darunter auch den Kern der späteren Haelixa-Technologie). Während meines Doktoratsstudiums stellte das D-CHAB die Ressourcen und das Ökosystem zur Verfügung, um effizient zu arbeiten und schnell qualitativ hochwertige Ergebnisse zu liefern, was zu mehreren high-impact Artikeln und einem Patent führte.
Gegen Ende meines Doktorats beschloss ich, die akademische Forschung zugunsten industrieller Innovationen zu verlassen: Ich wollte einen direkteren Einfluss auf die Gesellschaft haben. Gleichzeitig hatte ich von den Medien, dem öffentlichen und dem privaten Sektor ausreichend Bestätigung dafür erhalten, dass die von mir miterfundene Technologie die Art und Weise der Produktrückverfolgung und der Verwaltung von Lieferketten verändern könnte. Da ich naiv genug war, zu glauben, dass ich dies vorantreiben könnte, beschloss ich, ein Unternehmen zu gründen.
Unsere Vision bei Haelixa ist es, den Übergang zu transparenten Lieferketten zu beschleunigen. Auf der Grundlage von DNA-Markern wird die Haelixa-Technologie physisch auf ein Produkt/Material aufgebracht und bleibt mit diesem verbunden, so dass der physische Fingerabdruck vom Hersteller bis zum Einzelhandel rückverfolgbar ist. Unser Ziel ist es, der Goldstandard für die Kennzeichnung und Rückverfolgung von Produkten zu werden und Verbrauchern, Beschäftigten in der Lieferkette und Unternehmen auf der ganzen Welt zu helfen.
Mit der richtigen Unterstützung und Einstellung lassen sich alle Fähigkeiten erlernen, die für ein unternehmerisches Abenteuer erforderlich sind. Es ist definitiv ein komplexer Weg, der enormes Engagement und Hartnäckigkeit erfordert, aber er ist es auf jeden Fall wert. Wer also daran denkt Unternehmer:in zu werden, denkt am besten nicht zu viel nach: Niemand weiss, wie es laufen wird, also lieber mal anfangen und es selbst herausfinden!
Originaltext: ETH Zürich
Interview: Julia Eckert
Das könnte Sie auch interessieren
Fünf Fragen an den IngCH-Präsidenten
28. März 2022
Kreislaufwirtschaft
22. November 2023
Jugend für Ingenieurberufe begeistern
4. Oktober 2022