«Wir brauchen Leute, die Neues kreieren»
Prof. Dr. Christina Colberg leitet den Fachbereich Natur-, Human- und Gesellschaftswissenschaften an der Pädagogischen Hochschule Thurgau. Neben ihrer Haupttätigkeit doziert sie an der ETH Zürich am Departement Umweltsystemwissenschaften und ist seit der Fusion mit NaTech Education Vorstandsmitglied bei IngCH. Die studierte Chemikerin und promovierte Atmosphärenwissenschaftlerin ist der Überzeugung, dass wir MINT-Fachkräfte benötigen, um die grossen Probleme unserer Gesellschaft anzugehen. Im Interview erzählt sie, was ihre Tätigkeit bereichert, weshalb es das Wort Alltag bei ihr kaum gibt und was ihre Wünsche und Ziele als Multiplikatorin im MINT-Bereich sind.
Frau Colberg, Sie leiten seit 2004 den Fachbereich Natur-, Human- und Gesellschaftswissenschaften an der Pädagogischen Hochschule Thurgau. Was genau beinhaltet diese Aufgabe?
Der Kernauftrag eines solchen Fachbereichs einer Pädagogischen Hochschule ist ein vierfacher Leistungsauftrag. Wir machen Lehre für unsere Studierenden, sprich für angehende Lehrpersonen. Wir bieten Weiterbildungen und Dienstleistungen für Lehrpersonen an und machen Forschung. Als Fachbereichsleitung bin ich für die Kolleg:innen innerhalb dieses Fachbereichs auf Kindergartenunterstufe (KGU) und Primarstufe (PS) verantwortlich. Der Bereich Sekundarstufe 1 und 2 wird von meiner Kollegin Nicole Schwery geleitet. Die Studierenden absolvieren bei uns die inhaltliche und fachdidaktische Ausbildung zum Fach Natur, Mensch und Gesellschaft. Dieses breit ausgerichtete Fach beinhaltet einerseits naturwissenschaftliche Aspekte, die meine Beheimatung sind, aber andererseits auch Geografie, Geschichte, Ethik und Religion und vieles mehr. In der Zwischenzeit bin ich verhältnismässig wenig in der Lehre tätig. Ich leite aber ab und zu Weiterbildungsveranstaltungen für Lehrpersonen und bin neben der gesamten Koordination und den Managementaufgaben in verschiedene Forschungsprojekte involviert.
Können Sie mir zum Forschungsbereich mehr erzählen?
Die Forschung an Pädagogischen Hochschulen beinhaltet zwei Bereiche: den bildungs- und erziehungswissenschaftlichen Bereich, also Lehren und Lernen, und den fachdidaktischen Bereich, in welchem fachspezifische Fragestellungen untersucht werden. Die fachdidaktische Forschung untersucht, was besonders lernwirksame Settings sind. Und genau in diesem Bereich bin ich aktiv. Wir untersuchen beispielsweise, wie wir die Kluft zwischen Wissen und Handeln im Bereich der Umweltbildung verkleinern können. Normative Aspekte spielen dabei eine grosse Rolle, sodass schliesslich eine Handlung ausgelöst wird. Ein einfaches Beispiel: Wir wissen alle, dass Autofahren nicht umweltfreundlich ist, aber machen es trotzdem. Das Wissen allein ist offensichtlich nicht der Schlüssel zum Erfolg. Ich kann das auch anhand eines unserer Forschungsprojekte darlegen: In einem vergangenen Nationalfonds-Projekt wurden Kinder eine Woche lang zum Thema Klimawandel unterrichtet. Eine Gruppe erhielt den Unterricht im Schulzimmer, die andere Gruppe im Oberengadin. Obwohl die Lernziele identisch waren, zeigte die Untersuchung des Wissenserwerbs keinen Unterschied zwischen drinnen und draussen unterrichteten Kindern. Allerdings war die Motivation zur Handlung, etwas gegen die Klimaerwärmung zu unternehmen, bei den Kindern im Oberengadin grösser. Solche Forschungssettings sind zwar wirkungsvoll, aber auch zeitlich und finanziell sehr aufwendig, da sie die Beteiligung von Schulen, die Durchführung des Unterrichts und entsprechende Messinstrumente erfordern.
Ganz ursprünglich haben Sie Chemie studiert. Warum?
Ich hatte einen tollen Chemielehrer und fand das Fach in der Schule total faszinierend. Ich interessierte mich schon damals für Naturwissenschaften, Chemie bot mir das breiteste Spektrum. Nach Studienbeginn war mir schnell klar, dass viele Chemiestudierende in Deutschland darauf abzielen, als Laborleitung bei grossen Unternehmen zu arbeiten, was nicht meinen Interessen entsprach. Ich entschied mich, mein zweites Studienjahr im Hauptstudium in den USA zu absolvieren, wo ich mich intensiv mit Umweltchemie beschäftigte und feststellte, dass dies meine Leidenschaft ist. Nach meiner Rückkehr begann ich meine Diplomarbeit am Max-Planck-Institut für Chemie (Abteilung Atmosphärenchemie). Vor etwa 25 Jahren zog ich dann in die Schweiz, um meine Dissertation an der ETH Zürich im Bereich der Atmosphärenwissenschaften abzuschliessen. Während meiner Zeit an der ETH Zürich erweiterte sich mein Horizont enorm, als ich erkannte, dass die Welt viel mehr zu bieten hat als nur Chemie. Ich entdeckte das Departement für Umweltsystemwissenschaften und realisierte, dass ich gerne Umweltnaturwissenschaften studiert hätte, wenn mir dies als Abiturientin bewusst gewesen wäre.
Sie dozieren nun aber auch an der ETH für die Umweltnaturwissenschaften.
Ja, an der ETH besteht die Möglichkeit für Studierende oder Absolvent:innen der Umweltsystemwissenschaften, eine didaktische Zusatzausbildung zu absolvieren – ähnlich dem höheren Lehramt in den klassischen Naturwissenschaften wie Biologie oder Physik. Allerdings ist diese Ausbildung etwas weniger umfangreich und nicht ausschliesslich für angehende Lehrerinnen und Lehrer an Schulen gedacht. Auch Studierende, die ein Interesse an Umweltbildung haben, können daran teilnehmen. Absolvierende erhalten ein Didaktik-Zertifikat und haben dann die Chance, an höheren Fachschulen, Berufsfachschulen, Fachhochschulen oder bei Nichtregierungsorganisationen zu arbeiten. Dieses Angebot wird in unserem Departement für Umweltsystemwissenschaften in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Lehr- und Lernforschung umgesetzt.
In Ihrem Alltag haben Sie also mit Menschen mit verschiedensten Hintergründen und jeglichen Alters zu tun?
Das könnte man so sagen, ja. Selbst mit Kindergartenkindern, wenn ich beispielsweise in der Forschung unterwegs bin. Das erdet einen dann auch, um zu sehen, was in den verschiedenen Altersklassen möglich ist. Ich finde es eine sehr schöne Abwechslung, sowohl an der PH Thurgau in Kreuzlingen als auch an der ETH Zürich tätig zu sein, und mit den unterschiedlichen Studierenden zu arbeiten, ist spannend. Eine klassische Arbeitswoche gibt es bei mir eigentlich nicht, meine Anspruchsgruppen sind sehr vielfältig, was meinen Beruf extrem bereichert. Ich empfinde es als ein Privileg, in einem Bereich arbeiten zu können, wo man sich Gedanken darüber machen kann, wie wir in unserer vernetzten Gesellschaft funktionieren und wie man sowohl bei Lehrpersonen als auch bei Kindern ein Bewusstsein schaffen kann.
Welchen Rat würden Sie jungen Menschen für die Berufs- und Studienwahl geben?
Ich denke, es ist entscheidend, den eigenen Interessen zu folgen und zu erkunden, was einen wirklich interessiert. Besonders für Schülerinnen und Schüler, die nach der Volksschule eine Berufslehre beginnen, hängt viel von den Lehrpersonen ab, die sie bei der Berufswahl begleiten. Auch in den Kantonsschulen ist es nicht viel anders, obwohl dort die akademischen Fächer gut vertreten sind. Aber wie kommt ein junger Mensch dazu, Maschinenbau und nicht Mathematik zu studieren? In diesem Fall sind Technik- und Informatikwochen und weitere Initiativen sehr wichtig, denn sie zeigen Jugendlichen die Vielfalt an Berufsbildern auf.
Was ist Ihr Antreiber, um sich für den MINT-Nachwuchs zu engagieren?
Wir brauchen naturwissenschaftliche und technische Fachkräfte, um unseren Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Ich halte es für entscheidend, dass junge Menschen Ausbildungen in diesen Bereichen verfolgen. Bei komplexen Problemstellungen, wie beispielsweise dem Klimawandel, brauchen wir nicht nur Technologie, sondern auch Menschen, die kreativ denken können. Ich denke auch, dass wir junge Menschen viel mehr über den Kontext und die Erfolgsgeschichten abholen und für den Fachbereich begeistern können. Die positiven Aspekte im Zusammenhang mit der Wissenschaft sollten mehr betont werden. Und ich glaube auch, dass wir insbesondere Frauen mit der Verknüpfung des technischen und naturwissenschaftlichen Bereichs über die Sustainable Development Goals (SDGs) motivieren könnten. Denn schliesslich ist fast jedes Problem, welches mit den Wissenschaften und der Forschung verknüpft ist, von sozialem oder gesellschaftlichem Ursprung.
Springen wir 20 Jahre in die Zukunft: Was ist Ihr Wunsch für den MINT-Bereich in der Schweiz?
Eine Erkenntnis in der Gesellschaft, wie wichtig dieser Bereich insbesondere in seiner Wechselwirkung mit der Gesellschaft ist. Wir brauchen Menschen, die Neues kreieren und somit nachhaltige Innovation schaffen. Wenn das gesellschaftlich verankert wird, dann haben wir mit grosser Wahrscheinlichkeit auch genügend Menschen, die sich den tatsächlichen gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. Und dann sind wir meiner Meinung nach auf dem richtigen Weg.
Video-Impressionen aus dem Forschungsprojekt im Oberengadin:
Interview: Nathalie Künzli, Projektleiterin IngCH
Medizintechnik spielerisch erleben
Titelbild: Peter Rigert, Foto von Eveline Beerkircher
Peter Rigert, Projektleitung MINTizin an der PH Luzern, erklärt im Interview, was die Ziele des Lernprojekts «MINTizin» sind und wie das innovative Angebot die Schüler:innen für die Medizintechnik, aber auch für die MINT-Fächer im Allgemeinen begeistert.
Mit dem Projekt «MINTizin» haben Sie Lernangebote für die Volksschule entwickelt, welche die Bedeutung von MINT-Kompetenzen für die Medizin erlebbar machen sollen. Können Sie mir in Ihren Worten erklären, wie solche Lernangebote aussehen?
Im Herzen von «MINTizin» steht die Schaffung eines ausserschulischen Lernorts, an dem Schüler:innen direkt mit der Medizintechnik interagieren können. Unser Ziel ist es, ihnen ein authentisches Erlebnis zu bieten, das die Faszination dieses Felds greifbar macht. In einem ersten Teil können sie selbst Medizinaltechnologien anwenden, beispielsweise ein Ultraschallgerät oder eine Überwachungsstation bedienen. In einem zweiten Teil führen sie in der virtuellen Welt eine Operation durch. Und im dritten Teil gestalten und erfinden sie für ein fiktives Medizintechnikunternehmen den Prototyp für ein neues Medizintechnikprodukt.
Was ist das langfristige Ziel des Projekts?
Langfristig zielt «MINTizin» darauf ab, das interdisziplinäre Potenzial der Medizintechnik als Brücke zwischen Technik, Gesundheit und Bildung zu erforschen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der gendersensiblen Gestaltung der Inhalte, um Mädchen und Jungen gleichermassen zu inspirieren. Ein Kernziel ist die nachhaltige Weckung des Interesses an MINT-Fächern, indem wir die Vielfalt der Berufsfelder in der Medizintechnik aufzeigen und so einen Beitrag gegen den Fachkräftemangel leisten möchten.

Im Herbst 2023 haben Sie die ersten Workshops durchgeführt. Was ist Ihr Zwischenfazit? Wie kamen die Workshops bei den Schüler:innen an?
Die Rückmeldungen sind überaus positiv, auch wenn die offizielle Auswertung der Begleitforschung noch aussteht. Die begeisterten Reaktionen der Schüler:innen sowie das durchweg positive Feedback der Lehrkräfte deuten darauf hin, dass unser Angebot einen Nerv getroffen hat. Diese Resonanz bestärkt uns darin, das Projekt bis Ende des Jahrs weiter zu optimieren und auszubauen.
Was sind die Herausforderungen bei der Konzeption solcher Lernangebote?
Die Entwicklung solch innovativer Lernangebote erfordert ein breites Spektrum an Expertisen und Ressourcen. Dank der Kooperation mit der Hochschule Luzern und der Universität Luzern konnten wir auf ein vielfältiges Netzwerk von Fachleuten zugreifen. Diese Zusammenarbeit ermöglichte es uns, den Schüler:innen einzigartige und bereichernde Erfahrungen zu bieten, die wir allein nicht hätten realisieren können.

Sie engagieren sich für die MINT-Nachwuchsförderung. Wie sehen Sie die Entwicklung in den letzten Jahren, und was ist Ihr Wunsch für die Zukunft der MINT-Nachwuchsförderung?
Die MINT-Förderung hat sich meines Erachtens sehr positiv entwickelt. Das Angebot zeichnet sich aus durch eine hohe Vielfalt und viele innovative Initiativen. Ich wünsche mir, dass wir noch verstärkt ein Engineering Mindset in die Schulen tragen können. Es wäre spannend, wenn wir bei den Lernenden die Fähigkeit fördern würden, Probleme wie eine Ingenieurin oder ein Ingenieur anzugehen und zu lösen. Diese Methoden und (Denk-)Werkzeuge wären für die Jugendlichen wertvoll.
Welchen Tipp würden Sie Schüler:innen für die Berufs- und Studienwahl geben?
Auf Basis meines eigenen beruflichen Werdegangs – von einer Lehre als Polymechaniker über das Primarlehrpersonenstudium bis hin zum Fachdidaktikstudium – würde ich Schüler:innen raten, den Fokus weniger auf den ersten Schritt ihrer Karriere zu legen. Vielmehr ist es entscheidend, offen und neugierig für die vielfältigen Möglichkeiten zu bleiben, die sich im Lauf des Berufslebens ergeben.
Interview: Nathalie Künzli, Projektleiterin IngCH
Erneute Kostengutsprache für die Meitli-Technik-Tage
Erneute Kostengutsprache für die Meitli-Technik-Tage
IngCH organisiert zusammen mit verschiedenen Unternehmen seit über 20 Jahre Meitli-Technik-Tage. Die Schnuppertage werden von den IngCH-Mitgliedern finanziert. Zusätzlich wird das Projekt seit 2020 von dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) unterstützt. Unser Antrag auf Verlängerung der Finanzhilfe um weitere drei Jahre wurde nun angenommen.
Dank der Unterstützung des EBG konnte IngCH das Projekt entsprechend weiterausbauen. Unterdessen finden jährlich rund zwölf Meitli-Technik-Tage bei zehn unterschiedlichen Firmen statt. Pro Jahr nehmen über 200 Schülerinnen teil.
Wir möchten uns an dieser Stelle bei den IngCH-Mitgliedern, den beteiligten Unternehmen, beim EBG und allen Lehrpersonen, die das Projekt ermöglichen, bedanken. Wir freuen uns auf viele weitere spannende Technik-Tage.

Le Valais, un laboratoire idéal pour étudier le changement climatique
Plongée dans la crise climatique avec Jérôme Chappellaz, scientifique de l’environnement et directeur académique d’ALPOLE à l’EPFL.

Jérôme Chappellaz, y aura-t-il encore de la glace en Suisse en 2100 ?

«Eine Rehkitzrettung ist einfach ein gigantisches Erlebnis!»
Titelbild: Ein gefundenes Rehkitz, Foto von Daniel Rimann, Rehkitzrettung Schweiz
Bruno Holliger ist Vorstandsmitglied im gemeinnützigen Verein Rehkitzrettung Schweiz und leitet das Ressort Forschung und Technik. Ebenfalls unterstützt er in seiner Funktion das Ressort Ausbildung, welches vom Ausbildungsverantwortlichen Alain Marti geführt wird. Allein in diesem Jahr lassen sich 160 Personen aus der ganzen Schweiz jeglichen Alters und mit verschiedenen beruflichen Hintergründen zu Drohnenpilot:innen ausbilden. Gemeinsam mit den weiteren Helfer:innen, Landwirt:innen und Jäger:innen verbindet sie ein Ziel: möglichst viele Rehkitze vor der Mähmaschine retten. Bruno Holliger erzählt im Interview, was für ein gigantisches Gefühl eine Rehkitzrettung auslöst und wie viel technisches Know-how, Organisationsgeschick und Flexibilität hinter den Kulissen des Vereins stecken.
Bruno Holliger, wie sind Sie zu Ihrem Engagement bei der Rehkitzrettung Schweiz gekommen?
Können Sie mir etwas über die Entwicklung der Rehkitzrettung Schweiz erzählen?
Wichtig ist für uns aber, dass die Rehkitzsuche grössenunabhängig ohne finanzielle Konsequenzen für den Jäger oder die Landwirtin bleibt. Wir sind ein ehrenamtlicher Verein oder besser gesagt ein riesiges Projekt mit vielen freiwilligen Helfer:innen.
Die Rettung beginnt damit, dass sich die Landwirtin bei der für das Gebiet zuständigen Jagd meldet und sie über die Mähplanung informiert. Der Jäger meldet sich dann bei seiner Drohnenpilotin und klärt ab, ob sie den Einsatz übernehmen kann. Am Rettungstag sind immer mindestens zwei Personen vor Ort: ein Jäger und eine Drohnenpilotin. Die Suche beginnt früh am Morgen auf dem Feld, teilweise sogar schon in der Nacht, da die Sonne die Suche mit der Wärmebildkamera erheblich erschwert oder sogar verunmöglicht. Die Pilotin fliegt als Erstes mit der Drohne, welche mit einer Wärmebildkamera ausgerüstet ist, die Wegpunkte ab. Die Wegpunkte hat sie zuvor bereits eingelesen und eventuell auch schon einmal abgeflogen, etwa am Tag vor der Rettung. Je nach Objektiv der Kamera kann beispielsweise die Flughöhe variieren, die auch mit den Wegpunkten festgelegt wurde. Meist liegt die Höhe zwischen 60 und 70 Metern. Das Abfliegen kann je nach Feldgrösse unterschiedlich lange dauern, für eine Hektare etwa zwei bis drei Minuten. Gleichzeitig kontrolliert der Jäger, ob er auf dem Wärmebild etwas Auffälliges erkennen kann. Erscheint ein gelber Punkt im Bild, liegt mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Rehkitz im Gras, und der Fund wird markiert. Jetzt beginnt der aufwendigere Teil der Suche: Die Pilotin leitet den Jäger über Funk zu der auffälligen Stelle. Das Rehkitz wird mit einer Harasse gesichert oder weg vom Feld zur Mutter gebracht. Meistens befinden sich Zwillinge oder mehrere Kitze im Feld. Ist also das erste Kitz gefunden und gerettet worden, wird die Suche nach weiteren fortgesetzt. Sobald sich das Team sicher ist, dass sich kein Rehkitz mehr auf dem Feld befindet, kann die Landwirtin mähen. Und für unsere Retter:innen geht es weiter zum nächsten Feld. Pro Einsatz kann es sein, dass man bis zu 20 Felder absucht, dann aber meist mit einem grösseren Team von vier oder fünf Personen.
Was sind die grössten Herausforderungen bei der Suche?
Unsere Rettungsteams müssen sehr flexibel sein, damit die Suchorganisation funktioniert. Je nach Wetter kann es zu spontanen Einsätzen kommen. Abhängig vom Beruf finden diese vor der eigentlichen Arbeit statt. Die Tage sind also entsprechend lang und mit wenig Schlaf zu meistern. Ausserdem dauern die Einsätze über mehrere Wochen, bis alle Felder gemäht werden konnten. Pro Einsatz sind meistens mehrere Felder abzusuchen, das kann herausfordernd und kräftezehrend sein. Doch das Erlebnis, bei einer solchen Rettung dabei zu sein, überdeckt die Müdigkeit, denn es ist einfach ein gigantisches Erlebnis. Und man erlebt die schönsten Sonnenaufgänge.

Eine Herausforderung stellen die sich ändernden Gesetze und Bestimmungen dar. Seit Januar 2023 gilt die neue EASA-Drohnenregulierung der EU, die beispielsweise vorgibt, dass bei Bestandsdrohnen ein Abstand von 150 Metern zu bewohnten Gebieten eingehalten werden muss. Gerade in urbanen Gegenden sind Felder nahe am Siedlungsgebiet vorzufinden, die wir folglich ohne neue Drohnen, die über eine entsprechende Zertifizierung verfügen, nicht mehr abfliegen durften. Deshalb suchten wir mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt eine mögliche Lösung. Das Bundesamt verfeinerte daraufhin die Regelung und hielt fest, dass das Fliegen im Umkreis von 100 Metern zum Siedlungsgebiet, sofern sich darin nicht eine Personenansammlung von mehr als zehn Personen befindet, trotzdem erlaubt bleibt. Das war für uns ein riesiger Segen, da wir so auch mit den Bestandsdrohnen in urbanen Gegenden weiterfliegen können. Eine weitere Herausforderung ist das negative Image von Drohnen: Sie machen Lärm und stören uns Menschen in der Privatsphäre. Bei unseren Schulungen achten wir darauf, dass wir die angehenden Drohnenpilot:innen darauf sensibilisieren, möglichst niemanden zu stören. In dieser Hinsicht ist die Rehkitzrettung ein super Anwendungsfall für den Einsatz von Drohen, nämlich für die Tierrettung. Und dazu kommt noch: Diese Rehkitze sind einfach wahnsinnig süss (lacht).
Wie verläuft die Ausbildung als Drohnenpilot:in bei der Rehkitzrettung Schweiz?
Wenn die Rettung losgeht, ist es wichtig, dass die Pilot:innen die Abläufe kennen und sich schon im Vorfeld mit ihrer Drohne auseinandergesetzt haben, sodass sie beispielsweise einen Wegpunkteflug ohne grössere Schwierigkeiten programmieren und abfliegen können. Deshalb gibt es eine Theorieprüfung und eine praktische Prüfung. Die vorhergehende Ausbildung ist in acht Module unterteilt. Ziel dabei ist es, die Drohne besser kennenzulernen. Neben diesen acht Modulen bieten wir auch Einführungstage für Personen an, die zuvor noch keine Berührung mit Drohnen hatten und an diesem Tag zum ersten Mal fliegen. Das ist immer toll, zu sehen, wie der erste Flug die Begeisterung bei den Teilnehmer:innen weckt. Die weiteren Module bestehen neben Praxistagen auch aus E-Learnings oder Webinaren, zum Beispiel über die Grundlagen der Jagd oder das Luftrecht in der Schweiz. Dazu haben wir ein Portal mit Kursübersichten, welches wir während der Pandemie aufgebaut hatten und nun weiterhin sehr stark nutzen. So können wir die Praxistage vollumfänglich für die Drohnenflüge nutzen.
Über Bruno Holliger: Bruno Holliger ist seit 2018 als Vorstandsmitglied von Rehkitzrettung Schweiz für das Ressort Forschung und Technik zuständig. Der gelernte Kaufmann absolvierte an der Hochschule für Technik in Zürich ein Informatikstudium und arbeitet in der Informatikbranche.
Im August 2024 finden kostenlose Informationsveranstaltungen von der Rehkitzrettung Schweiz statt. Mehr Informationen finden Sie unter https://www.rehkitzrettung.ch.
Interview: Nathalie Künzli, Projektleiterin IngCH
Dashboard zur Entwicklung an Universitäten und Fachhochschulen
Dashboard zur Entwicklung an Universitäten und Fachhochschulen
Unser Dashboard wurde aktualisiert und liefert nun die neusten Zahlen über die Entwicklungen an universitären Hochschulen und Fachhochschulen. Die folgenden Kategorien können direkt über das Dashboard ausgewiesen werden:
- Allgemeine Entwicklung
- Eintritte
- Abschlüsse
- Vergleich FH / Uni
- Frauenanteile
- Ausländeranteile
CYBATHLON-Wettbewerb - Innovative Lösungen für technische Armprothesen gesucht!
CYBATHLON-Wettbewerb - Innovative Lösungen für technische Armprothesen gesucht!
Im Rahmen der dritten Ausgabe des CYBATHLON wurde ein spannender Wettbewerb ins Leben gerufen, der die Möglichkeit bietet, kreativen Ideen zu präsentieren und innovative Lösungen für die Herausforderungen von technischen Armprothesen zu entwickeln. Gemeinsam mit unseren Botschafter:innen Gina Rühl und Michel Fornasier werdet ihr die Möglichkeit haben, eure Ideen in die Realität umzusetzen.
Was kommt auf die Teilnehmenden zu?
Spannende Unterrichtsmodule für Primar- und Sekundarstufe, die durch den Design-Thinking-Prozess führen. Die Chance, eigene kreative Lösungen zu entwickeln und sie auf einem Poster und als Prototypen zu präsentieren. Die Möglichkeit, Innovationen am CYBATHLON 2024 in der stimo arena in Kloten zu präsentieren und damit Teil eines einzigartigen Events zu werden.
Neben einem kostenlosen Ticket für den CYBATHLON im Oktober, ermöglicht EKZ, die entstandenen Ideen einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Es gibt attraktive Preise zu gewinnen. Eine Jury aus Expert:innen wird die besten Poster auswählen und die Gewinnerklassen erhalten attraktive Preise. Zum Beispiel einen Tag im Makerspace der ETH Zürich.
Anmeldung und Teilnahme
Es ist ganz einfach! Für die Module anmelden, Ideen entwickeln und ein Poster, eine Skizze oder Bilder von einem Prototyp bis zum 30. Juni 2024 hier einreichen.
Weitere Informationen und Anmeldung:
Für Fragen und Anmeldungen kontaktieren Sie school@cybathlon.com.
Künstliche Intelligenz in der Bildung – Chancen und Herausforderungen
Der rasante Fortschritt in den Alltagsanwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) beeinflusst zunehmend die Bildungslandschaft. Textgeneratoren wie ChatGPT haben bereits die Fähigkeit bewiesen, wissenschaftliche Texte zu verfassen, was die Trennlinie zwischen menschlicher und maschineller Expertise verschwimmen lässt.
KI kann teilweise Gesichter und Objekte besser identifizieren als Fachleute und komplexe Aufgaben wie Übersetzungen, Textkomposition, Musikproduktion und Bildgenerierung bewältigen.
Machine Learning wird potentiell auf alle Tätigkeiten Auswirkungen haben, die Text oder Bild betreffen. KI-Tools sollten deshalb als Feedback-Partner in die Schule einbezogen werden, jedoch unter kritischer Reflexion ihrer Ergebnisse. Lernsettings müssen angepasst werden, indem sie auf kreative Aufgaben und Projektarbeiten setzen, welche die KI nicht übernehmen kann.
Die Lehrpersonen werden vermehrt als Lernbegleiter und Coaches auftreten, was Anpassungen in den Lehrverpflichtungsverordnungen und Ressourcen für die Weiterentwicklung entsprechender Lehr- und Prüfungsformen erfordert. Die Schülerinnen und Schüler können KI als persönliche Tutorsysteme einsetzen, um eine individuelle Lernbegleitung zu ermöglichen.
Digitale Kompetenzen, insbesondere der souveräne Umgang mit digitalen Werkzeugen, müssen verstärkt und fächerübergreifend gefördert werden. Ihr sinnvoller Einsatz sollte honoriert und nicht sanktioniert werden. Die Nutzung von KI-Tools erfordert jedoch eine stärkere Berücksichtigung ethischer und urheberrechtlicher Aspekte und die Risiken von Datenmissbrauch, Bias und Antwortverzerrungen müssen thematisiert werden.
Der Einsatz von KI-Tools im Unterricht bietet vielfältige Chancen zur Kreativitätsförderung. Die sorgfältige Integration dieser neuen Technologie in die bestehende Bildungsumgebung ist jedoch essentiell, um das Beste aus beiden Welten zu vereinen.
Über den Autor: Urs Meyer, Dozent Fachdidaktik Informatik Sek II, Professur Didaktik der Informatik und Medienbildung Fachhochschule Nordwestschweiz
Erfolgreicher Mitgliederanlass bei Sulzer
Am 6. März hatten rund 40 Personen aus 16 verschiedenen Mitgliederfirmen im Rahmen unseres Mitgliederevents die Gelegenheit, die verschiedene Technologien im Zusammenhang mit Pumpen und Pumpsystemen von Sulzer live in Winterthur kennenzulernen. Es war imposant zu sehen, wie sich das Schweizer Unternehmen im 190-jährigen Bestehen entwickelt hat und heute auf globaler Ebene eine führende Rolle im Fluid-Engineering übernimmt.
Herzlichen Dank an das Team von Sulzer für die spannenden Einblicke und die erfolgreiche Organisation.

Start der Meitli-Technik-Tage 2024
Der Startschuss für die diesjährigen Meitli-Technik-Tage fiel heute bei MAN Energy Solutions
20 junge Frauen haben während zwei Tagen die Gelegenheit, den Betrieb und die Produktion, die sich Mitten in Zürich befindet, zu besichtigen. Sie durchlaufen in Gruppen verschiedene Posten, bei denen sie ihr technisches Geschick anwenden können. Im Bild beispielsweise der Posten "VR-Brille", bei welchem verschiedene Aufgaben in der virtuellen Produktion gelöst werden müssen.

Herzlichen Dank an Sandro Toldo und die vielen Lernenden und Helfer:innen, welche diese zwei tollen Tage ermöglichen. Unter den Lernenden befinden sich übrigens einige ehemalige Meitli-Technik-Tag Teilnehmerinnen.
Die weiteren Daten der Meitli-Technik-Tage finden Sie auf unserer Projektwebseite.