Ein gefundenes Rehkitz

«Eine Rehkitzrettung ist einfach ein gigantisches Erlebnis!»

Titelbild: Ein gefundenes Rehkitz, Foto von Daniel Rimann, Rehkitzrettung Schweiz

Bruno Holliger ist Vorstandsmitglied im gemeinnützigen Verein Rehkitzrettung Schweiz und leitet das Ressort Forschung und Technik. Ebenfalls unterstützt er in seiner Funktion das Ressort Ausbildung, welches vom Ausbildungsverantwortlichen Alain Marti geführt wird. Allein in diesem Jahr lassen sich 160 Personen aus der ganzen Schweiz jeglichen Alters und mit verschiedenen beruflichen Hintergründen zu Drohnenpilot:innen ausbilden. Gemeinsam mit den weiteren Helfer:innen, Landwirt:innen und Jäger:innen verbindet sie ein Ziel: möglichst viele Rehkitze vor der Mähmaschine retten. Bruno Holliger erzählt im Interview, was für ein gigantisches Gefühl eine Rehkitzrettung auslöst und wie viel technisches Know-how, Organisationsgeschick und Flexibilität hinter den Kulissen des Vereins stecken.


Bruno Holliger, wie sind Sie zu Ihrem Engagement bei der Rehkitzrettung Schweiz gekommen? 
Ich hatte mir 2018 aus Jux eine Drohne gekauft, und das Fliegen hat mir echt Spass gemacht. Nach einiger Zeit recherchierte ich, was ich Sinnvolles mit dem neuen Hobby machen könnte, und bin dann auf die Rehkitzrettung gestossen. Damals waren gerade mal 25 Personen im Verein Rehkitzrettung Schweiz, und es gab noch keine Drohnen mit integrierter Wärmebildkamera, sondern man musste die eigene Drohne selber aufrüsten. An der Generalversammlung meldete ich mich spontan ohne grössere Hintergedanken als neues Vorstandsmitglied – und das, ohne zu diesem Zeitpunkt jemals ein Rehkitz mit eigenen Augen gesehen zu haben (lacht). Mit einem Jäger aus Winterthur startete ich 2019 offiziell meine erste Saison.

Können Sie mir etwas über die Entwicklung der Rehkitzrettung Schweiz erzählen?
Wir zählen Stand Februar 2024 929 Vereinsmitglieder und zirka 678 aktive Pilot:innen. In den letzten Jahren sind wir exponentiell gewachsen. Wir sind jedes Jahr über diesen riesigen Zuwachs überrascht und rechnen immer wieder damit, dass sich der Verein nicht in diesem Tempo weiterentwickelt. Und doch bilden wir dieses Jahr 160 neue Drohnenpilot:innen für die Rettung aus. Darüber sind wir sehr dankbar. Gerade das letzte Jahr war extrem herausfordernd. Aufgrund des Wetters war einerseits das Zeitfenster zum Mähen kurz – viele Landwirt:innen mussten zur gleichen Zeit mähen. Andererseits warteten die Rehgeissen mit dem Setzen des Nachwuchses, sodass es gerade im Mähfenster besonders viele Rehkitze gab. Die Zeit war für uns entsprechend intensiv, aber auch erfolgreich: Mit 531 Teams konnten wir an über 5000 Einsatztagen 6064 Rehkitze retten.
Wichtig ist für uns aber, dass die Rehkitzsuche grössenunabhängig ohne finanzielle Konsequenzen für den Jäger oder die Landwirtin bleibt. Wir sind ein ehrenamtlicher Verein oder besser gesagt ein riesiges Projekt mit vielen freiwilligen Helfer:innen.
Die Entwicklung der Rehkitzrettung Schweiz in Zahlen
Die Entwicklung der Rehkitzrettung Schweiz in Zahlen (Rehkitzrettung Schweiz, 2023)
Wie sieht der Ablauf einer Rehkitzrettung aus? Wer ist daran beteiligt?

Die Rettung beginnt damit, dass sich die Landwirtin bei der für das Gebiet zuständigen Jagd meldet und sie über die Mähplanung informiert. Der Jäger meldet sich dann bei seiner Drohnenpilotin und klärt ab, ob sie den Einsatz übernehmen kann. Am Rettungstag sind immer mindestens zwei Personen vor Ort: ein Jäger und eine Drohnenpilotin. Die Suche beginnt früh am Morgen auf dem Feld, teilweise sogar schon in der Nacht, da die Sonne die Suche mit der Wärmebildkamera erheblich erschwert oder sogar verunmöglicht. Die Pilotin fliegt als Erstes mit der Drohne, welche mit einer Wärmebildkamera ausgerüstet ist, die Wegpunkte ab. Die Wegpunkte hat sie zuvor bereits eingelesen und eventuell auch schon einmal abgeflogen, etwa am Tag vor der Rettung. Je nach Objektiv der Kamera kann beispielsweise die Flughöhe variieren, die auch mit den Wegpunkten festgelegt wurde. Meist liegt die Höhe zwischen 60 und 70 Metern. Das Abfliegen kann je nach Feldgrösse unterschiedlich lange dauern, für eine Hektare etwa zwei bis drei Minuten. Gleichzeitig kontrolliert der Jäger, ob er auf dem Wärmebild etwas Auffälliges erkennen kann. Erscheint ein gelber Punkt im Bild, liegt mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Rehkitz im Gras, und der Fund wird markiert. Jetzt beginnt der aufwendigere Teil der Suche: Die Pilotin leitet den Jäger über Funk zu der auffälligen Stelle. Das Rehkitz wird mit einer Harasse gesichert oder weg vom Feld zur Mutter gebracht. Meistens befinden sich Zwillinge oder mehrere Kitze im Feld. Ist also das erste Kitz gefunden und gerettet worden, wird die Suche nach weiteren fortgesetzt. Sobald sich das Team sicher ist, dass sich kein Rehkitz mehr auf dem Feld befindet, kann die Landwirtin mähen. Und für unsere Retter:innen geht es weiter zum nächsten Feld. Pro Einsatz kann es sein, dass man bis zu 20 Felder absucht, dann aber meist mit einem grösseren Team von vier oder fünf Personen.

*Anmerkung der Redaktion: Zur Erhaltung der Lesbarkeit wurde jeweils eine Geschlechtsform des entsprechenden Berufs gewählt. Beide Geschlechter können gleichermassen für die jeweiligen Berufe in Betracht gezogen werden.

Ein gefundenes Rehkitz wird mit einer Harasse geschützt

Ein gefundenes Rehkitz wird mit einer Harasse geschützt, Foto von Thomas Christen, Rehkitzrettung Schweiz

Was sind die grössten Herausforderungen bei der Suche?
Unsere Rettungsteams müssen sehr flexibel sein, damit die Suchorganisation funktioniert. Je nach Wetter kann es zu spontanen Einsätzen kommen. Abhängig vom Beruf finden diese vor der eigentlichen Arbeit statt. Die Tage sind also entsprechend lang und mit wenig Schlaf zu meistern. Ausserdem dauern die Einsätze über mehrere Wochen, bis alle Felder gemäht werden konnten. Pro Einsatz sind meistens mehrere Felder abzusuchen, das kann herausfordernd und kräftezehrend sein. Doch das Erlebnis, bei einer solchen Rettung dabei zu sein, überdeckt die Müdigkeit, denn es ist einfach ein gigantisches Erlebnis. Und man erlebt die schönsten Sonnenaufgänge.

Sonnenaufgang
Sonnenaufgang, Foto von Christian Bühler, Rehkitzrettung Schweiz
Und wie sieht es im Hinblick auf die Drohnentechnologie aus? 

Eine Herausforderung stellen die sich ändernden Gesetze und Bestimmungen dar. Seit Januar 2023 gilt die neue EASA-Drohnenregulierung der EU, die beispielsweise vorgibt, dass bei Bestandsdrohnen ein Abstand von 150 Metern zu bewohnten Gebieten eingehalten werden muss. Gerade in urbanen Gegenden sind Felder nahe am Siedlungsgebiet vorzufinden, die wir folglich ohne neue Drohnen, die über eine entsprechende Zertifizierung verfügen, nicht mehr abfliegen durften. Deshalb suchten wir mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt eine mögliche Lösung. Das Bundesamt verfeinerte daraufhin die Regelung und hielt fest, dass das Fliegen im Umkreis von 100 Metern zum Siedlungsgebiet, sofern sich darin nicht eine Personenansammlung von mehr als zehn Personen befindet, trotzdem erlaubt bleibt. Das war für uns ein riesiger Segen, da wir so auch mit den Bestandsdrohnen in urbanen Gegenden weiterfliegen können. Eine weitere Herausforderung ist das negative Image von Drohnen: Sie machen Lärm und stören uns Menschen in der Privatsphäre. Bei unseren Schulungen achten wir darauf, dass wir die angehenden Drohnenpilot:innen darauf sensibilisieren, möglichst niemanden zu stören. In dieser Hinsicht ist die Rehkitzrettung ein super Anwendungsfall für den Einsatz von Drohen, nämlich für die Tierrettung. Und dazu kommt noch: Diese Rehkitze sind einfach wahnsinnig süss (lacht).


Wie verläuft die Ausbildung als Drohnenpilot:in bei der Rehkitzrettung Schweiz?

Wenn die Rettung losgeht, ist es wichtig, dass die Pilot:innen die Abläufe kennen und sich schon im Vorfeld mit ihrer Drohne auseinandergesetzt haben, sodass sie beispielsweise einen Wegpunkteflug ohne grössere Schwierigkeiten programmieren und abfliegen können. Deshalb gibt es eine Theorieprüfung und eine praktische Prüfung. Die vorhergehende Ausbildung ist in acht Module unterteilt. Ziel dabei ist es, die Drohne besser kennenzulernen. Neben diesen acht Modulen bieten wir auch Einführungstage für Personen an, die zuvor noch keine Berührung mit Drohnen hatten und an diesem Tag zum ersten Mal fliegen. Das ist immer toll, zu sehen, wie der erste Flug die Begeisterung bei den Teilnehmer:innen weckt. Die weiteren Module bestehen neben Praxistagen auch aus E-Learnings oder Webinaren, zum Beispiel über die Grundlagen der Jagd oder das Luftrecht in der Schweiz. Dazu haben wir ein Portal mit Kursübersichten, welches wir während der Pandemie aufgebaut hatten und nun weiterhin sehr stark nutzen. So können wir die Praxistage vollumfänglich für die Drohnenflüge nutzen.

Über Bruno Holliger:  Bruno Holliger ist seit 2018 als Vorstandsmitglied von Rehkitzrettung Schweiz für das Ressort Forschung und Technik zuständig. Der gelernte Kaufmann absolvierte an der Hochschule für Technik in Zürich ein Informatikstudium und arbeitet in der Informatikbranche.

Im August 2024 finden kostenlose Informationsveranstaltungen von der Rehkitzrettung Schweiz statt. Mehr Informationen finden Sie unter https://www.rehkitzrettung.ch.


Interview: Nathalie Künzli, Projektleiterin IngCH


Dashboard zur Entwicklung an Universitäten und Fachhochschulen 

Dashboard zur Entwicklung an Universitäten und Fachhochschulen

Unser Dashboard wurde aktualisiert und liefert nun die neusten Zahlen über die Entwicklungen an universitären Hochschulen und Fachhochschulen. Die folgenden Kategorien können direkt über das Dashboard ausgewiesen werden:

  • Allgemeine Entwicklung
  • Eintritte
  • Abschlüsse
  • Vergleich FH / Uni
  • Frauenanteile
  • Ausländeranteile

CYBATHLON-Wettbewerb - Innovative Lösungen für technische Armprothesen gesucht!

CYBATHLON-Wettbewerb - Innovative Lösungen für technische Armprothesen gesucht!

Im Rahmen der dritten Ausgabe des CYBATHLON wurde ein spannender Wettbewerb ins Leben gerufen, der die Möglichkeit bietet, kreativen Ideen zu präsentieren und innovative Lösungen für die Herausforderungen von technischen Armprothesen zu entwickeln. Gemeinsam mit unseren Botschafter:innen Gina Rühl und Michel Fornasier werdet ihr die Möglichkeit haben, eure Ideen in die Realität umzusetzen.

Was kommt auf die Teilnehmenden zu?
Spannende Unterrichtsmodule für Primar- und Sekundarstufe, die durch den Design-Thinking-Prozess führen. Die Chance, eigene kreative Lösungen zu entwickeln und sie auf einem Poster und als Prototypen zu präsentieren. Die Möglichkeit, Innovationen am CYBATHLON 2024 in der stimo arena in Kloten zu präsentieren und damit Teil eines einzigartigen Events zu werden.

Neben einem kostenlosen Ticket für den CYBATHLON im Oktober, ermöglicht EKZ, die entstandenen Ideen einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Es gibt attraktive Preise zu gewinnen. Eine Jury aus Expert:innen wird die besten Poster auswählen und die Gewinnerklassen erhalten attraktive Preise. Zum Beispiel einen Tag im Makerspace der ETH Zürich.

Anmeldung und Teilnahme
Es ist ganz einfach! Für die Module anmelden, Ideen entwickeln und ein Poster, eine Skizze oder Bilder von einem Prototyp bis zum 30. Juni 2024 hier einreichen.
Weitere Informationen und Anmeldung:
Für Fragen und Anmeldungen kontaktieren Sie school@cybathlon.com.


Künstliche Intelligenz in der Bildung – Chancen und Herausforderungen

Autor: Urs Meyer

Der rasante Fortschritt in den Alltagsanwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) beeinflusst zunehmend die Bildungslandschaft. Textgeneratoren wie ChatGPT haben bereits die Fähigkeit bewiesen, wissenschaftliche Texte zu verfassen, was die Trennlinie zwischen menschlicher und maschineller Expertise verschwimmen lässt.

 

KI kann teilweise Gesichter und Objekte besser identifizieren als Fachleute und komplexe Aufgaben wie Übersetzungen, Textkomposition, Musikproduktion und Bildgenerierung bewältigen.

Machine Learning wird potentiell auf alle Tätigkeiten Auswirkungen haben, die Text oder Bild betreffen. KI-Tools sollten deshalb als Feedback-Partner in die Schule einbezogen werden, jedoch unter kritischer Reflexion ihrer Ergebnisse. Lernsettings müssen angepasst werden, indem sie auf kreative Aufgaben und Projektarbeiten setzen, welche die KI nicht übernehmen kann.

Die Lehrpersonen werden vermehrt als Lernbegleiter und Coaches auftreten, was Anpassungen in den Lehrverpflichtungsverordnungen und Ressourcen für die Weiterentwicklung entsprechender Lehr- und Prüfungsformen erfordert. Die Schülerinnen und Schüler können KI als persönliche Tutorsysteme einsetzen, um eine individuelle Lernbegleitung zu ermöglichen.

Digitale Kompetenzen, insbesondere der souveräne Umgang mit digitalen Werkzeugen, müssen verstärkt und fächerübergreifend gefördert werden. Ihr sinnvoller Einsatz sollte honoriert und nicht sanktioniert werden. Die Nutzung von KI-Tools erfordert jedoch eine stärkere Berücksichtigung ethischer und urheberrechtlicher Aspekte und die Risiken von Datenmissbrauch, Bias und Antwortverzerrungen müssen thematisiert werden.

Der Einsatz von KI-Tools im Unterricht bietet vielfältige Chancen zur Kreativitätsförderung. Die sorgfältige Integration dieser neuen Technologie in die bestehende Bildungsumgebung ist jedoch essentiell, um das Beste aus beiden Welten zu vereinen.

Über den Autor: 
Urs Meyer, Dozent Fachdidaktik Informatik Sek II, Professur Didaktik der Informatik und Medienbildung Fachhochschule Nordwestschweiz

Erfolgreicher Mitgliederanlass bei Sulzer

Am 6. März hatten rund 40 Personen aus 16 verschiedenen Mitgliederfirmen im Rahmen unseres Mitgliederevents die Gelegenheit, die verschiedene Technologien im Zusammenhang mit Pumpen und Pumpsystemen von Sulzer live in Winterthur kennenzulernen. Es war imposant zu sehen, wie sich das Schweizer Unternehmen im 190-jährigen Bestehen entwickelt hat und heute auf globaler Ebene eine führende Rolle im Fluid-Engineering übernimmt.

Herzlichen Dank an das Team von Sulzer für die spannenden Einblicke und die erfolgreiche Organisation.

 

Gruppenfoto bei Sulzer

Start der Meitli-Technik-Tage 2024

Der Startschuss für die diesjährigen Meitli-Technik-Tage fiel heute bei MAN Energy Solutions

20 junge Frauen haben während zwei Tagen die Gelegenheit, den Betrieb und die Produktion, die sich Mitten in Zürich befindet, zu besichtigen. Sie durchlaufen in Gruppen verschiedene Posten, bei denen sie ihr technisches Geschick anwenden können. Im Bild beispielsweise der Posten "VR-Brille", bei welchem verschiedene Aufgaben in der virtuellen Produktion gelöst werden müssen.

VR-Brille
VR-Brille bei den Meitli-Technik-Tagen

Herzlichen Dank an Sandro Toldo und die vielen Lernenden und Helfer:innen, welche diese zwei tollen Tage ermöglichen. Unter den Lernenden befinden sich übrigens einige ehemalige Meitli-Technik-Tag Teilnehmerinnen.

Die weiteren Daten der Meitli-Technik-Tage finden Sie auf unserer Projektwebseite.


Ingenieurinnen und Ingenieure übernehmen Bildungsverantwortung

Bern, 4. März 2024 – Anlässlich des UNESCO WORLD ENGINEERS’ DAY fand heute in den Räumlichkeiten der Emch+Berger AG in Bern eine wegweisende Medienkonferenz statt, die von suisse.ing, IngCH, SVIN und SIA gemeinsam organisiert wurde. Unter dem Motto «Ingenieurinnen und Ingenieure übernehmen Bildungsverantwortung» wurden wichtige Themen rund um die Bedeutung der Ingenieurberufe für die Schweizer Gesellschaft und Wirtschaft beleuchtet. Gleichzeitig wurde eine neue Initiative vorgestellt, die der Wertschätzung der Ingenieurbranche und der Gewinnung von zukünftigen Fachkräften einen Schub verleihen soll.

Lesen Sie hier die gesamte Medienmitteilung.

 


Umfrage zum Arbeitskräftepotential 50Plus

Welche Erwartungen und Bedürfnisse an Arbeitgebende und das Arbeitsumfeld haben Arbeitnehmende 50Plus, die in Ingenieurberufen tätig sind?

Diesen Fragen gehen drei Studierende der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit der SBB im Rahmen der Masterarbeit nach.

Sind Sie in einem Ingenieurberuf tätig und möchten helfen, Ihre beruflichen Bedürfnisse sowie Motivatoren und Hemmnisse besser zu verstehen?

Wir sind Ihnen dankbar, wenn Sie ca. 8 Minuten Ihrer kostbaren Zeit schenken und an der folgenden Umfrage teilnehmen. Ihre Daten werden vertraulich behandelt und nur für wissenschaftliche Zwecke verwendet.

Hier geht’s zur: Umfrage Arbeitskräftepotential 50Plus (sie ist bis zum 1. März geöffnet)

Falls der Link nicht funktioniert, fügen sie bitte folgende Adresse manuell Ihren Webbrowser ein:  https://www.umfrageonline.com/c/ak50p-ing

Viele Grüsse
Elpinicki Blaser, Valeria Linder und Amon Walter

Studierende der Hochschule Luzern


Modulare Radhochbahnen

Das Jungunternehmen urb-x bietet modulare Radhochbahnen aus Holz an, um das Fahrradfahren über längere Strecken zu fördern. Wie genau die Technologie funktioniert, erfahren Sie im Interview.

Was ist die Idee hinter urb-x?

Das Jungunternehmen urb-x bietet modulare Radhochbahnen (“cycle highways”) aus Holz an, um aktives Pendeln bzw. das Fahrradfahren über längere Strecken zu fördern. Dies bedeutet, dass die hochqualitative Infrastruktur als Ergänzung zu den existierenden Radwegen auf dem Boden verstanden werden muss und sie sich v.a. für die Verbindung der Stadt mit ihrem Umland eignet, also weniger für das Stadtzentrum vorgesehen ist. Die Idee ist nicht, Radfahrende von der Strasse auf eine separate Radbahn zu “versorgen” und den restlichen Strassenraum den Autos und anderen Transportmitteln zu überlassen, sondern eine Alternative zu bieten, um längere Strecken angenehm, direkt und sicher zurückzulegen. Die aufgeständerte Position der Radhochbahn ermöglicht dabei eine nie dagewesene Direktheit sowie ein ungestörtes Fahrerlebnis. Dank der Modularität der Infrastruktur ist diese auch einfach skalierbar und bleibt dabei wirtschaftlich.

Urb X Strecke von oben

Urb-X Strecke von oben.

Wie ist die Konstruktion der Velo-Schnellwege aufgebaut?

Die urb-x-Radhochbahn ist modular und besteht dementsprechend aus verschiedenen Systemelementen (Kurven- und Streckenelemente, Rampen), die zu 90% aus Holz bestehen. Diese werden wie Legosteine, die Gleise einer Briobahn oder der Verlauf einer Carrera-Rennbahn zusammengehängt. Zur Konstruktion gehören auch integrierte Sensoren, die die intelligenten Leuchten steuern (d.h. die nur dann leuchten, wenn Verkehr auf der Bahn herrscht) und “predictive maintenance” zur effizienten Instandhaltung ermöglichen.

Wodurch unterscheidet sich urb-x von ähnlichen Anbietern?

Der signifikanteste Unterschied zu anderen Anbietenden ist die Modularität der urb-x-Radhochbahn sowie die Materialwahl: Holz ist ein Leichtgewicht - es wiegt fünfmal weniger als Beton -, welches entsprechend kleinere, weniger starke Fundamente benötigt als Beton, was wiederum nicht nur billiger, sondern auch klimafreundlicher ist. Gleichzeitig speichert Holz CO2, das die Bäume aus der Luft absorbieren. Während Holz für die Radbahn verbaut wird, werden am Ort der Extraktion im Wald neue Bäume gepflanzt, sodass dieser Kreislauf fortbesteht.

Die Modularität ermöglicht eine unvergleichbare Kosten- und Planungssicherheit sowie -transparenz, die bei massgeschneiderten Konstruktionen fehlt. Die urb-x-Radhochbahn ist ein “Turnkey”- oder “ready-to-use”-Produkt, das also schnell verfügbar und direkt verwendbar ist.

 

Urb X Strecke

Was sind aktuelle Herausforderungen?

Die grösste Herausforderung ist, dass urb-x und unsere Radhochbahn bzw. unsere Innovation noch nicht grossflächig bekannt sind. Dies bedeutet, dass gewisse Entscheidungstragende oder Planende zuerst zögerlich an die Idee einer modularen und aufgeständerten Holzkonstruktion herangehen - weil sie noch nirgends sonst steht und verwendet wird, also zurzeit noch keine Referenz besteht. D.h. wir legen aktuell grossen Wert darauf, uns bzw. unsere Innovation auf internationalem Parkett vorzustellen.

Kann man die Radwege von urb-x bereits irgendwo testfahren?

Ja, Sie sind jederzeit herzlich auf dem Wolf-Areal in Basel (ehem. “Smart City Lab Basel”) bei uns auf der 200m-langen Teststrecke willkommen!

Die Schweiz ist nicht unbedingt als Velo-Nation bekannt. Was bräuchte es, um das Fahrradfahren attraktiver zu machen?

“Das Rad kann länger und weiter” - deshalb muss eine hochqualitative, direkte und sichere Radinfrastruktur gefördert werden. Es muss grundsätzlich verstanden werden, dass gerade heutzutage - bspw. mit dem Populärwerden des E-Bikes - Radfahren im Schnitt zugänglicher denn je und so stark wie noch nie diskutiert und gewollt wird.

Wie sieht für Sie die Zukunft der Mobilität aus?

Wir sehen grosses Potenzial in der Multimodalität: die Mischung macht’s! “Nur” Fahrradfahren oder “nur” Zugfahren ist nicht genug effizient und zufriedenstellend. Die Kombination aus “Fahrrad + Zug” jedoch, bspw., wird uns weiterbringen. Und ein aktiver Lifestyle ist förderlich für die Gesundheit! Zusammenfassend sehen wir - und wünschen wir uns - mehr aktive Mobilität, gestärkten ÖV sowie mehr geteilte Mobilität (car und bike sharing).

 

Interview: Lena Frölich, IngCH

Bilder: Urb-X AG


Von der Idee zum Produkt: Einblicke in die Welt der Lebensmitteltechnologie

Heike Steiling ist Vice President Research and Development sowie Head of Nestlé Science & Technology Strategy and Innovation Partnerships. Sie kam 2003 nach ihrem Doktorat an der ETH Zürich zu Nestlé und leitet seither verschiedene Forschungszentren in Asien und Europa. Im Interview gibt sie uns Einblicke in aktuelle Forschungsprojekte sowie ihre Arbeit in einem internationalen Umfeld und erklärt, was sie an der Lebensmittelindustrie so fasziniert.

 

Wie sind Sie zu Ihrer aktuellen Position bei Nestlé gekommen?

Nach meinem Doktorat in der Zellbiologie an der ETH bin ich vor gut 20 Jahren zu Nestlé gekommen, wo ich in unterschiedlichen Forschungsprojekten gearbeitet habe. Bei einem Nahrungsmittelkonzern ist es natürlich immer wichtig, auch einen guten Einblick in die Entwicklungsprozesse von neuen Produkten zu haben, um zu verstehen, welches die verschiedenen Schritte von der ersten Idee bis hin zur Vermarktung sind. Ich hatte 2011 die Möglichkeit, nach Malaysia zu gehen und dort diese Prozesse von der Produktentwicklung bis hin zur Vermarktung zu erleben. Während meiner Auslandsaufenthalte war es natürlich auch immer sehr spannend zu sehen, wie solche Prozesse in anderen Ländern im Vergleich zur Schweiz ablaufen. Bei meinem Job in Indien durfte ich zum Beispiel das regionale Forschungszentrum leiten. Dabei habe ich vor allem gelernt, dass es wichtig ist, immer ein klares Ziel vor Augen zu haben, dieses dann mit dem Team Schritt für Schritt umzusetzen und natürlich auch klare Prioritäten festzulegen, die dann mit zeitnahen Entscheidungen umgesetzt werden.

Bis Ende letzten Jahres war ich für die globale Produkt- und Technologieentwicklung für das Sortiment der Milchprodukte zuständig. Das sind bei uns beispielsweise Joghurts, spezialisierte Milchgetränke in Pulver- oder in flüssiger Form, Schokoladengetränke wie Nesquik oder Milo oder aber auch pflanzenbasierte Getränke. In dieser Position war ich verantwortlich für zirka 300 Angestellte mit Sitz in verschiedenen Ländern, zum Beispiel in der Schweiz, in Frankreich, in Singapur oder auch in der Elfenbeinküste. Seit Januar bin ich nun für die globale Technologiestrategie und die externen Innovationspartnerschaften verantwortlich.

So war ich bisher immer zwischen Positionen im operativen Geschäft und im Research- und Development-Bereich tätig.

 

Können Sie uns einen Einblick in Ihre täglichen Aufgaben geben?

Jeder Tag ist bei mir anders, was mir total gefällt. Zum einen habe ich Besprechungen über Strategiefragen, das heisst, welche Produkte und welche Segmente wir ausbauen oder erschliessen wollen und welche Rolle die Forschung und die Entwicklung dazu beitragen können und müssen. Zum anderen sind es natürlich auch Besprechungen zu laufenden Projekten und deren aktuellem Status. Jedes Projekt ist ein bisschen anders, und so gibt es mal Herausforderungen bei den Rezepturen oder wenn neue Maschinen angeschafft werden oder auch regulatorische Fragen, die es je nach Land zu beantworten gilt. Jedes Projekt hat seine eigenen Schwerpunkte, und genau das macht es auch spannend. Am meisten Spass macht mir als «Foodie» natürlich die Degustation von Neu- und Weiterentwicklungen. Es ist immer toll zu sehen, wie aus einer neuen Produktidee auf einer PowerPoint-Folie nach vielen Besprechungen ein tatsächliches Produkt entsteht.

 

Welche aktuellen Forschungsprojekte oder Projekte beschäftigen Sie derzeit?

Neben der Forschung an neuen Technologien, zum Beispiel der Präzisionsfermentation von Eiweissmolekülen oder von pflanzenbasierten Getränken, beschäftigt uns derzeit im Bereich der Agrarwissenschaften, welche wissenschaftlichen und technischen Lösungen es gibt, die den CO2-Fussabdruck von Kuhmilch reduzieren könnten. Ausserdem gibt es einige spannende Projekte, bei denen untersucht wird, wie die Kuhmilch selber nährstoffreicher gemacht werden könnte. Wir haben kürzlich in China eine Milch, die sogenannte N3 Milch, auf den Markt gebracht, bei der wir den Milchzucker, also die Laktose, umgewandelt haben in präbiotische Fasern, die dann wiederum gut für das Mikrobiom sind. Wir haben also in dieser Milch zum einen weniger Laktose – was gut ist, da in dieser Region viele Konsument:innen eine Laktoseintoleranz haben. Zum anderen haben wir dadurch, dass der Milchzucker in Fasern umgewandelt wird, weniger Zucker in der Milch, und zusätzlich schaffen die Fasern diesen präbiotischen Effekt, der gut für das Mikrobiom ist. Somit haben wir nicht nur einen besseren Nährwert, sondern auch einen funktionellen Vorteil. Dabei ist vor allem auch spannend, dass wir der Milch nicht etwa etwas dazugeben, sondern dass diese Transformation in der Milch selber stattfindet, sodass alle Vorteile der Kuhmilch wie die Eiweisse, das Calcium oder die B-Vitamine erhalten bleiben und auch geschmacklich kein Unterschied feststellbar ist.

Dieses Projekt ist ausserdem auch ein schönes Beispiel dafür, wie wir als Netzwerk arbeiten: Angefangen hatte die Idee bei den Teams in Lausanne und Singapur, welche sich mit Biotransformation, also enzymatischen Reaktionen, beschäftigen. Dann hatte diese Idee das Team hier in Konolfingen aufgegriffen und sich Gedanken über die Umsetzung und die Prozesse in der Fabrik gemacht. Zusätzlich war natürlich das R&D-Team in Beijing mit dabei, um das Produkt den lokalen Bedürfnissen anzupassen. Darüber hinaus war auch Nestlé Research in Lausanne mitbeteiligt und konnte in einer klinischen Studie zeigen, dass diese «N3 Milch» auch wirklich einen Effekt auf unser Mikrobiom hat.

 

Wie wichtig ist Teamwork bei der Entwicklung neuer Produkte?

Teamwork ist sehr wichtig, denn wir sind wie im Beispiel des Segments der Milchprodukte global tätig. Im Moment haben wir beispielsweise sehr viele Aktivitäten mit den Philippinen, mit Brasilien und China. Solche internationalen Projekte sind sehr spannend, weil sie immer auch einen Einblick in ein anderes Land geben. Ein neues Produkt muss zu dem Land passen, wo es vermarktet wird. Der Startpunkt ist folglich der Konsument oder die Konsumentin. Wir müssen deshalb zuerst verstehen, was er oder sie will. Dafür arbeiten wir natürlich auch sehr stark mit unseren kommerziellen Kolleg:innen aus dem Marketing und dem Vertrieb zusammen, die für die Marken zuständig sind. Denn je nach Land müssen wir wissen, wie ein Produkt benutzt und wie die Marke wahrgenommen wird. Dafür müssen wir dann entsprechend die richtige Rezeptur entwickeln. Es kann zum Beispiel sein, dass es darauf ankommt, wie viele Nahrungsfasern im Produkt sind oder wie süss es sein soll. Wir müssen es also schaffen, einerseits etwas zu entwickeln, was der Konsument oder die Konsumentin mag, andererseits muss es aber auch zu der Marke und ihrer Wahrnehmung passen. So eine Arbeit ist nur mit einem crossfunktionalen Team und Teamarbeit möglich. Das ist sehr bereichernd, denn so kommen wir neben dem internationalen Aspekt immer auch in Kontakt mit Menschen mit unterschiedlichen Skills und Ausbildungen und lernen über die Sichtweisen des Marketings, der Technologie oder des Vertriebs.

 

Was fasziniert Sie an der Lebensmitteltechnologie, und was würden Sie zukünftigen Lebensmitteltechnolog:innen mit auf den Weg geben?

Ich finde die Lebensmitteltechnologie ein super spannendes und vielfältiges Feld. Einerseits müssen wir es schaffen, Lebensmittel zu entwickeln, die gut schmecken, die gesund sind und die sich der Konsument und die Konsumentin auch leisten können. Andererseits gibt es aber auch mehr und mehr regulatorische Fragen, die wir in Betracht ziehen müssen. Wenn man also Interesse daran hat, knifflige und komplizierte Sachverhalte anzugehen, technisch gerne tüftelt und eine Begeisterung fürs Essen, für gute Ernährung und neue Küchen mitbringt, dann ist die Lebensmitteltechnologie genau das Richtige.

Ausserdem wird der Lebensmittelsektor in Zukunft viel Aufmerksamkeit brauchen, weil die Bevölkerung wächst und wir deshalb herausfinden müssen, wie wir mit den vorhandenen Gegebenheiten mehr Menschen ernähren können. Für solche Lösungen braucht es eine ganze Menge wissenschaftliches und technologisches Know-how und vor allen Dingen aber auch junge Leute, die viele neue Ideen und Impulse mitbringen.

 

 

Interview: Lena Frölich, Projektmitarbeiterin IngCH


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