Damit Wolken gefrieren, könnte Wüstenstaub helfen
Autorin: Marianne Lucien, ETH News
Bildquelle: Diego Villanueva Ortiz / ETH Zurich
In Kürze: Anhand von Satellitendaten aus 35 Jahren haben Forschende ein konsistentes Muster beobachtet, wie Wassertröpfchen in Wolken zu Eiskristallen gefrieren (Wolkenvereisung). Wüstenstaub in der Atmosphäre fördert dies. Die Frage, wie Tröpfchen in Wolken gefrieren, ist ein wichtiges Puzzleteil der Klimamodelle. Die Wolkenvereisung weist von der Nanometer-Skala bis zum Kilometer-Massstab dasselbe Muster auf.
Eine neue Studie zeigt, dass natürliche Staubpartikel aus fernen Wüsten dazu führen können, dass sich in Wolken auf der Nordhalbkugel der Erde Eiskristalle bilden. Dieser subtile Mechanismus beeinflusst, wie viel Sonnenlicht die Wolken reflektieren und wie in ihnen Regen und Schnee entstehen – mit erheblichen Auswirkungen auf Klimaprognosen.
Ein internationales Team von Forschenden unter Leitung der ETH Zürich hat anhand von Satellitenbeobachtungen aus 35 Jahren herausgefunden, dass mineralischer Staub – winzige Partikel, die vom Wind aufgewirbelt und in die obere Atmosphäre getragen werden – dazu führen kann, dass Wolkentröpfchen gefrieren. Besonders wichtig ist dieser Prozess in nördlichen Regionen, wo sich Wolken oft in einem Temperaturbereich knapp unter dem Gefrierpunkt bilden.«Dort, wo mehr Staub ist, ist es viel wahrscheinlicher, dass Wolken im oberen Bereich gefrieren», erklärt Diego Villanueva, Postdoktorand für Atmosphärenphysik an der ETH Zürich und Erstautor der Studie. «Dies hat unmittelbare Auswirkungen darauf, wie viel Sonnenlicht in den Weltraum zurückgeworfen wird und wie viel Niederschlag entsteht.»
Staub verwandelt Wolken in Eis
Die Forschenden konzentrierten sich auf Wolken, die sowohl unterkühltes Wasser als auch Eis enthalten und sich zwischen –39°C und 0°C bilden. Solche Wolken kommen in mittleren und hohen Breiten häufig vor, insbesondere über dem Nordatlantik, Sibirien und Kanada. Die Forschung weiss, dass solche Wolken extrem empfindlich auf Umgebungsveränderungen reagieren – insbesondere auf das Vorhandensein von Kristallisationskernen, die vor allem aus Wüstenstaub-Aerosolen entstehen.
Beim Vergleich der Häufigkeit von Eiswolken mit dem Staubgehalt beobachteten die Forschenden ein bemerkenswert einheitliches Muster: Je mehr Staub vorhanden ist und je kühler die Wolken sind, desto häufiger werden sie Eiswolken. Zudem deckte sich dieses Muster nahezu perfekt mit Vorhersagen aus Laborexperimenten zu der Frage, wie Staub zum Gefrieren von Tröpfchen führt.
«Dies ist eine der ersten Studien, die zeigt, dass Satellitenmessungen der Wolkenzusammensetzung mit dem übereinstimmen, was wir aus dem Labor wissen», sagt die Co-Autorin Ulrike Lohmann, Professorin für Atmosphärenphysik an der ETH Zürich.
Eine neue Referenzgrösse für Klimamodelle
Wie Wolken vereisen, wirkt sich unmittelbar darauf aus, wie viel Sonnenlicht sie ins Weltall reflektieren und wie viel Wasser sie als Niederschlag abgeben. Diese Faktoren sind für Klimamodelle sehr wichtig. Doch vielen dieser Modelle fehlte bisher ein solider Bezugspunkt dafür, wie das Gefrieren von Wolken im globalen Massstab funktioniert.
Die neuen Erkenntnisse stellen einen messbaren Zusammenhang zwischen dem Staub in der Luft und der Häufigkeit von Eis an der Oberseite von Wolken her, und sie liefern damit eine wichtige Referenzgrösse für die Verbesserung der Klimaprojektionen. «Dies hilft, eines der unsichersten Teile des Klimapuzzles zu finden», sagt Villanueva.
Komplexes Bild mit klarem Signal
Jahrzehntelang haben Klimaforscher:innen das Gefrieren von Tröpfchen im Mikromassstab untersucht. Diese Studie zeigt zum ersten Mal, dass die Wolkeneisbildung demselben Muster folgt wie das Gefrieren von Tröpfchen, allerdings in einem viel grösseren Massstab.Die neuen Erkenntnisse zeigen die enorme Wirkung, die winzige Staubpartikel auf die Atmosphäre haben können: Nanometergrosse Defekte an der Partikeloberfläche bilden die Keime für Eiskristalle, die vom Weltraum aus beobachtet werden können. Damit erweitert sich das Forschungsgebiet der Atmosphärenforschung in diesem Bereich von der Nanometerskala bis hin zu grossräumigen Beobachtungen aus dem Weltraum.Der Zusammenhang zwischen Staub und Eis ist allerdings nicht überall auf der Welt gleich stark. In Wüstenregionen wie der Sahara bilden sich nur wenige Wolken, und die starke Bewegung von heisserer Luft kann das Vereisen unterdrücken. In der südlichen Hemisphäre sind es oft Meeres-Aerosole, die die Rolle des Staubs übernehmen.
Dem Forschungsteam zufolge sind weitere Studien notwendig, um den Einfluss anderer Faktoren wie Aufwindstärke oder Luftfeuchtigkeit auf das Gefrieren von Wolken zu klären. Eines aber steht fest: Winzige Staubkörner aus fernen Wüsten tragen dazu bei, die Wolken über unseren Köpfen zu formen und mit ihnen die Zukunft unseres Klimas.
Literaturhinweis
Villanueva D, Stengel M., Hoose C, Bruno O, Jeggle K, Ansmann A, Lohmann U: Dust-driven droplet freezing explains cloud top phase in the northern extratropics. Science, 31 July 2025, externe Seite doi: 10.1126/science.adt5354
Mit dem KI-Tutor bilden statt bluffen
Künstliche Intelligenz (KI) ist inzwischen allüberall – also auch im Klassenzimmer. Kurz im Chat fragen und Antwort kopieren – Aufgabe gelöst! Doch bluffen ist nicht bilden. Die Pädagogische Hochschule Bern will dies ändern. Dazu tüftelt sie an einer schweizweit einzigartigen Software: dem KI-Tutor.
Autor: Marcel Marti, PHBern
Bildquellen: PHBern
Wissen wirklich verankern. Mit einer KI-sensitiven Pädagogik als Ziel und dem KI-Tutor als Mittel. Darum gehts beim neuen Projekt der PHBern. Warum? "KI einfach so auf die Schülerinnen und Schüler loszulassen, ist nicht per se nützlich für Bildungsprozesse", erklärt Marc Eyer, Leiter des Instituts Sekundarstufe II. "Deshalb wollen wir verstehen, wie KI im Unterricht funktionieren muss, damit tatsächlich etwas gelernt wird."
Der Weg zur Erkenntnis führt über den KI-Tutor, ein ausgefeiltes, interaktives Tool, das Unterrichts- bzw. Lernsituationen zu verschiedenen Themengebieten simuliert. Zum Beispiel zu Physik und Französisch. Es führt mit den Schülerinnen und Schülern einen Dialog, geht auf Reaktionen ein und passt den Verlauf des virtuellen Gesprächs laufend an. Am Schluss folgt eine Bewertung in Form einer Einstufung. Diese erlaubt sowohl dem Schüler als auch seiner Lehrerin eine Standortbestimmung.
Anstossen, begleiten und beurteilen
"Zentral ist somit, wie die Jugendlichen mit der Software umgehen. Und was es daraus abgeleitet für sinnvolle Einsatzmöglichkeiten gibt, um Lernprozesse anzustossen, zu begleiten und zu beurteilen", fasst Projektleiter Wolfgang Spahn zusammen. Nach ersten Tests sollen nun im Kanton Bern Versuche mit mehreren Schulklassen stattfinden. Als Grundsteinlegung für ein später geplantes, umfassendes Forschungsprojekt.
Mit ihrem Ansatz beschreitet die PHBern Neuland unter den Pädagogischen Hochschulen der Schweiz. Bei anderen richtet sich das Hauptaugenmerk auf die Evaluation, was sich im Klassenzimmer mit KI-Lösungen machen lässt, die sich auf Umsatz, Effizienz und/oder Datengewinn fokussieren. Spahn betont entsprechend, dass nicht vorgesehen sei, den KI-Tutor künftig als kommerzielles Produkt in den Schulen zu verbreiten – "was wir als Pädagogische Hochschule ohnehin nicht dürften. Es geht uns eben um die Forschung, weil diese Art von Tools in einigen Jahren regelmässig im Schulunterricht zum Einsatz kommen wird. Wir befassen uns daher schon jetzt damit."

Lehrperson ade?
Apropos Zukunft: Macht die Künstliche Intelligenz Lehrpersonen letztlich überflüssig? Institutsleiter Marc Eyer schüttelt den Kopf. Der KI-Tutor konzentriere sich auf vier Erkenntnisebenen: Schlussfolgerungen, mathematische sowie physikalische Grundkenntnisse und auf Konzept- und Textverständnis. "So lässt sich für jeden Schüler und jede Schülerin feststellen, wo die Stärken und Schwächen liegen. Die Lehrperson mit ihren begrenzten Ressourcen erhält also Unterstützung, damit sie (noch) individueller auf die Lernenden eingehen kann. Es braucht sie weiterhin – unbedingt!"
Künstliche Intelligenz in der Bildung Die PHBern ist bezüglich Künstlicher Intelligenz vielfältig engagiert. Nebst Austausch, Diskussion und Kooperation inner- und ausserhalb der Hochschule entwickelt sie Angebote für Schulen. Ein Überblick: Künstliche Intelligenz | PHBern
Comment faire pour que l'IA voie aussi bien que les humains
Comment faire pour que l'IA voie aussi bien que les humains
Une étude de l’EPFL révèle pourquoi les êtres humains excellent dans la reconnaissance des objets à partir de fragments alors que l’IA peine à le faire, soulignant le rôle crucial de l’intégration des contours dans la vision humaine.
Auteur: Nik Papageorgiou
Source: EPFL
Image: (EPFL/iStock (Vertigo3d)
Chaque jour, nous reconnaissons sans effort des amis dans une foule ou identifions des formes familières, même si elles sont partiellement cachées. Notre cerveau assemble des fragments pour en faire des objets entiers, remplissant les blancs pour donner un sens à un monde souvent chaotique.
Cette capacité est appelée «intégration des contours». Même les systèmes d’IA les plus intelligents ont encore du mal à effectuer cette tâche. Malgré les réalisations remarquables de l’intelligence artificielle dans la reconnaissance d’images, les IA peinent encore à généraliser à partir d’informations visuelles incomplètes ou fragmentées.
Lorsque les objets sont partiellement cachés, effacés ou fragmentés, la plupart des modèles d’IA hésitent, classent incorrectement ou abandonnent. Cela peut être un grave problème dans la vie réelle, compte tenu de notre dépendance croissante à l’IA pour des applications, telles que les voitures autonomes, les prothèses et la robotique.Anchor
L'équipe du NeuroAI Lab de l’EPFL, dirigée par Martin Schrimpf, a entrepris de comparer systématiquement la manière dont les personnes et l’IA gèrent les puzzles visuels. Ben Lonnqvist, étudiant diplômé de l’EDNE et principal auteur de l’étude, a collaboré avec le Laboratoire de psychophysique du professeur Michael Herzog pour développer une série de tests de reconnaissance dans lesquels des êtres humains et plus de 1000 réseaux neuronaux artificiels devaient identifier des objets dont les contours étaient manquants ou fragmentés. Leurs résultats montrent qu’en matière d’intégration des contours, les êtres humains surpassent systématiquement l’IA de pointe, et révèlent pourquoi.
La recherche a été présentée à la Conférence internationale sur l’apprentissage machine (ICML) de 2025.

Des tests de plus en plus difficiles
L’équipe a mis en place un test de reconnaissance d’objets en laboratoire avec une cinquantaine de volontaires. Les participantes et participants ont visualisé des images d’objets du quotidien, tels que des tasses, des chapeaux et des casseroles, dont les contours étaient systématiquement effacés ou décomposés en segments. Parfois, seulement 35 % des contours d’un objet restaient visibles. En parallèle, l’équipe a confié la même tâche à plus de 1000 modèles d’IA, dont certains des systèmes les plus puissants disponibles.
L’expérience a porté sur 20 conditions différentes, variant le type et la quantité d’informations visuelles. L’équipe a comparé les performances dans ces conditions, mesurant la précision et analysant la manière dont les êtres humains et les machines réagissaient à des puzzles visuels de plus en plus difficiles.
Les êtres humains se sont avérés remarquablement performants, obtenant souvent une précision de 50 % même lorsque la plus grande partie du contour d’un objet était absente. Les modèles d’IA, en revanche, avaient tendance à se perdre dans des suppositions aléatoires dans les mêmes conditions. Seuls les modèles entraînés sur des milliards d’images se sont rapprochés des performances humaines et, même alors, ils ont dû être spécifiquement adaptés aux images de l’étude.
En creusant davantage, les chercheuses et chercheurs ont découvert que les êtres humains préfèrent naturellement reconnaître des objets lorsque des parties fragmentées pointent dans la même direction, ce que l’équipe a appelé le «biais d’intégration». Les modèles d’IA entraînés pour développer un biais similaire ont obtenu de meilleurs résultats lorsqu’ils étaient confrontés à des distorsions d’image. L’entraînement des systèmes d’IA spécialement conçus pour intégrer les contours a amélioré leur précision et leur a également permis de se concentrer davantage sur la forme d’un objet que sur sa texture.
Donner aux machines un contenu plus humain
Ces résultats suggèrent que l’intégration des contours n’est pas une caractéristique innée, mais qu’elle peut être apprise de l’expérience. Pour les industries qui s’appuient sur la vision par ordinateur, comme les voitures autonomes ou l’imagerie médicale, créer une IA qui voit le monde davantage comme nous pourrait aboutir à une technologie plus sûre et plus fiable.
Les travaux montrent également que le meilleur moyen de combler cet écart n’est pas de bricoler avec des architectures d’IA, mais de donner aux machines un contenu visuel plus «humain», comprenant plusieurs images du monde réel où les objets sont souvent partiellement cachés.
Références Ben Lönnqvist, Elsa Scialom, Abdulkadir Gokce, Zehra Merchant, Michael H. Herzog, Martin Schrimpf. Contour Integration Underlies Human-Like Vision. arXiv: 2504.05253
«Luftqualität ist oft nicht spürbar»
Im Frühjahr 2025 hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gemeinsam mit LerNetz das Schulangebot «Luftstrom» lanciert. Es sensibilisiert Schülerinnen und Schüler des Zyklus 3 für die Luftqualität in Innenräumen – ein Aspekt, der im Alltag oft vergessen geht. Roger Waeber vom BAG erklärt im Interview, warum das Thema so wichtig ist und wie das neue Lernangebot entstanden ist.
Interview: Nathalie Gugger
Bildquellen: LerNetz
Herr Waeber, können Sie mir erklären, was Ihre Funktion beim BAG ist und wie das neue Lernangebot «Luftstrom» zustande kam?
Ich arbeite seit 25 Jahren beim Bundesamt für Gesundheit in der Abteilung Chemikalien mit Schwerpunkt auf Schadstoffe in der Innenraumluft. Seit 2005 haben wir eine eigene Fachstelle dafür. Im Chemikaliengesetz von 2000 gibt es einen Artikel, der dem Bund den Auftrag gibt, die Bevölkerung zur Qualität der Innenraumluft zu informieren – mit Empfehlungen zur Gesundheitsprävention. Schimmel ist zum Beispiel ein klassisches Thema. Unsere Aufgabe ist es, Risiken zu bewerten: Welche Schadstoffe wirken sich wie auf die Gesundheit aus? Und wie lassen sich diese Risiken minimieren?
Da viele Themen an Schnittstellen zu Umwelt, Bau oder Gesundheit liegen, arbeiten wir eng mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) zusammen. Während der Bund für Aussenluftqualität zuständig ist, liegt die Verantwortung für Gebäude und die Bedingungen in Gebäuden bei den Kantonen. Wenn es sich nicht um Arbeitsplätze handelt, kann der Bund hier keine Vorschriften machen, sondern nur Empfehlungen abgeben. Das Thema Innenraumluft ist komplex, weil viele verschiedene Quellen beteiligt sind – von aussen und innen. Deshalb setzen wir auf Prävention: Wie kann man möglichst gute Luftqualität im Raum sicherstellen?
Das Lernangebot «Luftlabor» gibt es seit rund zehn Jahren. Es wurde vom BAFU zusammen mit LerNetz, verschiedenen Partnern und Trägerorganisationen entwickelt und thematisiert auf anschauliche Weise Schadstoffquellen in der Aussenluft und deren gesundheitliche Folgen. Weil wir beim BAG den Informationsauftrag für die Innenluft haben, wollten wir dieses Angebot ergänzen und auf den Innenraum erweitern. Die Idee dazu bestand schon länger. Bei unserer Kampagne «Frische Luft für wache Köpfe», welche eine gute Luftqualität in Schulzimmern propagiert, sahen wir das Potenzial, über die Schüler:innen auch Eltern und Haushalte zu erreichen. Wenn Kinder und Jugendliche verstehen, dass sie mit Lüften ihr Wohlbefinden verbessern, tragen sie dieses Wissen nach Hause. Lüften ist aber nicht alles – gerade in Wohnungen geht es vor allem auch darum, Raumluftbelastungen an ihren Quellen zu bekämpfen. Wir haben uns mit LerNetz zusammengetan, um dazu ein möglichst gutes Lernangebot zu entwickeln. Daraus ist das eigenständige Angebot «Luftstrom» entstanden. Ob es gut ankommt, wird sich jetzt zeigen. Aber wir haben das Beste gegeben.
Was genau bietet das neue Lernangebot?
«Luftstrom» richtet sich an Schülerinnen und Schüler des dritten Zyklus. Es funktioniert ähnlich wie das «Luftlabor»: Jugendliche untersuchen alltägliche Situationen in Schulzimmern oder Wohnräumen, reflektieren über Luftqualität und lernen, wie sie diese mit ihrem Verhalten beeinflussen können.
Wie gelingt es, das Interesse von Jugendlichen für ein eher unsichtbares Thema wie Innenraumluft zu wecken?
Das ist tatsächlich eine Herausforderung. Wer ein Problem spürt, will eine Lösung. Aber Luftqualität ist oft nicht spürbar – ausser es stinkt. Deshalb fehlt im Alltag häufig das Bewusstsein. Mit «Luftstrom» setzen wir auf drei Dinge: Erstens wollen wir mit überraschenden Fakten aus dem Alltag Neugier wecken – etwa, dass Kochen die Raumluft ähnlich stark belasten kann wie der Verkehr in Neu-Delhi. Zweitens soll das Thema praktisch und anschaulich vermittelt werden, nicht trocken oder belehrend. Und drittens setzen wir auf eine positive Botschaft: Man kann selbst etwas tun – und das lohnt sich, zum Beispiel für besseres Lernen und bessere Gesundheit.
In welchen Fächern ist das Angebot angesiedelt?
Primär in den Naturwissenschaften – dort, wo auch Umweltthemen behandelt werden. Es ergänzt das «Luftlabor» ideal. Aber es gibt auch andere Zugänge, etwa über das Thema Gesundheit. So ist die Luft in Klassenzimmern oft schlecht, weil es für viele Schüler auch viel frische Luft braucht. Und wenn man keine Lüftungsanlage hat, ist das richtige Fensterlüften eine Daueraufgabe. Wenn Schulen das thematisieren und unsere Empfehlungen dazu umsetzen, bietet sich «Luftstrom» als ideale Erweiterung an.
Warum haben Sie bei «Luftstrom» das Kochen als zentrales Thema gewählt?
Weil es jeden betrifft und die Risiken unterschätzt werden. Beim Kochen entstehen viele Schadstoffe – Feinstaub, ultrafeine Partikel, sogar giftige Gase. Das Luftpaket über dem Herd ist oft stärker belastet als Stadtluft in Megametropolen. Mit einfachen Experimenten lässt sich das sichtbar machen, etwa mit Partikelzählern. Das ist eindrücklich – und macht klar: Auch bei uns gibt es Luftprobleme, nicht nur in Entwicklungsländern, wo oft noch mit offenem Feuer gekocht wird, was gravierende gesundheitliche Folgen hat.
Auch die Garage ist Teil des Lernangebots. Warum?
Wir wollten pro Raum ein oder zwei Themen aufgreifen, die relevant und konkret sind. In der Garage können wir Abgase von Kleinfahrzeugen wie dem Töffli ansprechen. Gerade Kohlenmonoxid kann gefährlich werden. Die Garage kann aber auch als Bastelraum dienen, wo heikle Chemikalien im Haushalt wie etwa in Spraydosen verwendet werden.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um mehr Jugendliche für MINT-Berufe zu begeistern?
Das Thema Luftqualität liegt an der Schnittstelle zur Gebäudetechnik – Lüftung, Klima, Energieeffizienz. Unsere Gebäude müssen klimafreundlicher werden. Gute Technik ist entscheidend, um genau solche Herausforderungen zu meistern. Deshalb ist die Verbindung von Umwelt und Technik heute wichtiger denn je. Ich glaube, Forschergeist ist der stärkste Antrieb. Kinder sind von Natur aus neugierig. Wenn man das bewahrt und fördert, entstehen aus dieser Neugier vielleicht die Ingenieur:innen und Problemlöser:innen von morgen. Es braucht Eigenmotivation, Mut und neue Denkansätze – nicht Leute, die nur auf Anweisungen warten. Genau diesen Geist wollen wir mit unserem Angebot wecken.
Mehr über Luftstrom Entdecken Sie hier das Lernangebot «Luftstrom».
200 Jahre Technische Gesellschaft Zürich (TGZ)
200 Jahre Technische Gesellschaft Zürich (TGZ)
Anlässlich dieses aussergewöhnlichen Jubiläums lädt die TGZ unter dem Motto «Technik schafft Zukunft!?» zu spannenden Impulsen ein:
- Künstliche Intelligenz & Digitalisierung
- Biotechnologie & Medizin der Zukunft
- Mobilität von morgen
Wir freuen uns besonders auf die Keynote von Alt-Bundeskanzler Prof. Dr. Thomas Thurnherr, der in seinem Vortrag die disruptiven Technologien von 1825 bis heute in den Blick nimmt. Im Anschluss diskutieren führende Forschende in einer Podiumsrunde: «Wie interagieren die (potenziell) disruptiven Technologien Quantum Computing, KI und Bioengineering?»
Den unterhaltenden Höhepunkt setzt Zauberweltmeister Pat Perry mit verblüffenden Illusionen, die unsere Vorstellung von Naturgesetzen herausfordert. Grussworte aus Politik sowie von ETH Zürich und MNG runden das Programm ab. Nutzen Sie die Gelegenheit, das Gehörte beim Apéro zu vertiefen und gemeinsam auf das 200-jährige Jubiläum der TGZ anzustossen.
Datum: Freitag, 5. September 2025
Zeit: 14:00 – 18:30 Uhr
Ort: Audimax, ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich
Motto: Technik schafft Zukunft!?
Anmeldung: über diesen Link
MINT-Nachwuchsbarometer
Mit dem MINT-Nachwuchsbarometer (MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) soll das Interesse an MINT-Fächern, die Entscheidungsfindung für oder gegen MINT-Disziplinen im Ausbildungsweg sowie die Wahrnehmung von MINT in der Schweiz erhoben werden. Die Resultate werden eine Grundlage für eine gezielte MINT-Förderung bieten, insbesondere auch, um dem gegen¬wärtigen Fachkräftemangel im Bereich MINT entgegenzuwirken. Dafür werden sowohl Schüler:innen ab der Sekundarstufe I als auch Studierende und Erwerbstätige verschiedener Disziplinen (mit und ohne MINT-Bezug) befragt.
Entsprechend würden uns sehr freuen, wenn Sie an der Umfrage teilnehmen. Die Online-Umfrage dauert etwa 30 Minuten, die Teilnahme erfolgt völlig anonym und die Angaben werden streng vertraulich behandelt. Ausserdem werden 10 Gutscheine von je CHF 50.- unter allen Teilnehmenden verlost.
Die Umfrage sowie weitere Informationen finden Sie hier.
Warum Mädchen immer noch fehlen – und was wir noch tun können
Warum Mädchen immer noch fehlen – und was wir noch tun können
Zur neuen a+ Studie über Frauen im MINT-Bereich und zur Rolle von IngCH
Autorin: Lea Hasler
Der Frauenanteil in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen bleibt tief – trotz zahlreichen Förderprogrammen, unter anderem von IngCH, und politischen Bekundungen. Die neue Studie der Akademie der Wissenschaften Schweiz (a+) geht der Frage, weshalb das so ist, auf den Grund und liefert fundierte Antworten: Es sind nicht nur individuelle Interessen oder Fähigkeiten, die den Weg in die MINT-Berufe erschweren. Es sind auch strukturelle Hindernisse, Rollenbilder und eine oft wenig diversitätsgerechte Vermittlung in Schule und Ausbildung.
Für IngCH bestätigt die Studie, was wir aus unserer Projektarbeit seit Jahrzehnten beobachten: Mädchen sind genauso interessiert und talentiert – wenn sie die Chance bekommen, ihre Potenziale zu entdecken und sich in einem ermutigenden Umfeld zu entfalten. Die Ergebnisse der Studie zeigen, wie wichtig es ist, bereits früh anzusetzen, gezielt anzusprechen und bewusst mit Geschlechterrollen umzugehen. Das alleinige Interesse der Mädchen und jungen Frauen reicht jedoch nicht. Das bestätigt die Studie mit ihren Handlungsempfehlungen ans Parlament: Es braucht neben den Projekten, welche das Interesse der Mädchen fördern, eine nationale MINT-Strategie. Ausserdem wäre es wichtig, dass Schulen als Schlüsselakteurinnen gesehen werden und die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft miteinbezogen werden.
Dass die Projektleitung der Studie bei unserem Vorstandsmitglied Edith Schnapper (Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften SATW) lag, und auch unser Vorstandsmitglied Susanne Metzger (a+ Akademie der Wissenschaften Schweiz) aktiv zum Bericht beigetragen hat, freut uns besonders – und es zeigt: Wir sind nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Strategieentwicklung der MINT-Nachwuchsförderung aktiv beteiligt und haben wertvolles Wissen im Vorstand. Auch viele unserer Mitglieder sind sehr aktiv und setzen sich weit über ihr Engagement bei IngCH stark für Frauen im MINT-Bereich ein.
Wir bei IngCH entwickeln unsere Projekte stetig weiter und sind im engen Kontakt mit anderen Organisationen im MINT-Bereich. Wir nehmen die Empfehlungen der Studie ernst und sind uns bewusst, dass strukturelle Veränderungen Zeit und Willen auf allen Ebenen brauchen. Wir hoffen, dass die Schlussfolgerungen der Studie vom Parlament ebenfalls ernst genommen werden. Denn wir sind überzeugt: Chancengleichheit im MINT-Bereich ist kein Nebenschauplatz, sondern Voraussetzung für eine innovative, zukunftsfähige Schweiz.
Über die Studie Den ausführlichen Bericht und alle Hintergrundinformationen finden Sie hier.
«Unternehmen sollten beim Thema Naturgefahren proaktiv vorgehen»
Unter dem Einfluss des Klimawandels werden extreme Wetterereignisse häufiger und intensiver. Bereits in den letzten Jahrzehnten sind die durch Naturkatastrophen verursachten Verluste rasant gestiegen und stellen Unternehmen und Versicherer vor neue Herausforderungen. Technologische Fortschritte, insbesondere im Bereich der Klimamodelle und Rückversicherungen, haben jedoch neue Möglichkeiten geschaffen, diesen Risiken zu begegnen.
Autorin: Annemarie Büttner
Quelle: KMU-Portal ; Bildquelle: Adobe Stock
2024 machten die Überschwemmungen im Rhônetal und im Maggiatal, die ersten Schätzungen zufolge Kosten von CHF 200 Millionen verursachten, wieder einmal deutlich, dass auch die Schweiz von Naturkatastrophen betroffen ist. Laut den Szenarien des Weltklimarats IPCC werden Extremwetterphänomene wie Hitzewellen und Gewitterstürme immer häufiger und bewirken immer schwerere und teurere Schäden. Durch die Fortschritte in der Datenanalyse und die Nutzung von Klimaszenarien können Unternehmen heute präziser denn je ihre individuellen Risiken bewerten lassen. Diese Entwicklungen ermöglichen eine proaktive Risikoeinschätzung, um sich auf zukünftige Bedrohungen vorzubereiten. Versicherungen spielen dabei eine zentrale Rolle – sowohl bei der Risikoanalyse als auch bei der finanziellen Absicherung. Im Gespräch mit Annemarie Büttner, Lead Climate Risk Solutions bei Swiss Re, erfahren wir mehr darüber, welche Prognosen bestehen, wie sich die Versicherungsmodelle entwickelt haben und welche Lösungen es im Umgang mit Klimarisiken für Unternehmen gibt.
In welchem Ausmass haben die Ausgaben im Zusammenhang mit Naturkatastrophen in den letzten Jahren zugenommen?
Annemarie Büttner: Weltweit haben wir seit Mitte der 2010er Jahre einen Aufwärtstrend bei den durch Naturkatastrophen bedingten Verlusten in Höhe von 5% bis 7% pro Jahr festgestellt. In unserem Land erwärmt sich das Klima doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt und ist schon bei plus 2,6°C im Vergleich zum vorindustriellen Klima gestiegen. Die Schweiz gehört zu den zehn Ländern, die europaweit am stärksten durch Naturgefahren wie Überschwemmungen, Winterstürme oder heftige Gewitter gefährdet sind.
Darüber hinaus beobachten wir eine Verschlimmerung der Hitzewellen, Dürren und Waldbrände mit sehr konkreten Folgen für die Sicherheit von Sachwerten. Zum Beispiel führten die intensiven Regenfälle des Sturms "Bernd" (Anm. d. Red.: der insbesondere in Zürich erhebliche materielle Schäden verursachte) zu Sturzfluten, und mehrere Flüsse und Seen erreichten kritische Stände, auch in der Stadt.
Wie passen sich die Versicherungsmodelle an diese Entwicklung an?
Heute basiert die Modellierung von Naturkatastrophen und ihren Folgen nicht mehr allein auf historischen Daten. Wir haben eine Plattform – Risk Data and Services (RDS) – entwickelt, auf der die Unternehmen die Koordinaten ihrer Standorte eingeben können, um eine Bewertung der aktuellen und künftigen Risiken auf Basis der wissenschaftlichen Daten des IPCC zu erhalten. Mit Hilfe dieser Analyse können anhand verschiedener Klimaszenarien die Verluste zahlenmässig eingeschätzt werden die unter den klimatischen Bedingungen von 2030 oder 2050 erwartet werden können.
Bereiten sich die Unternehmen ausreichend auf diese Veränderungen vor?
Wir ermutigen die Unternehmen, beim Thema Naturgefahren proaktiv vorzugehen. Viele haben diesen Weg bereits eingeschlagen, indem sie Massnahmen ergreifen, um ihre Resilienz gegenüber Naturgefahren zu verbessern. Dies kann über einen Risikotransfer – also eine klassische Versicherung – erfolgen oder über physischen Schutz, etwa indem Waren höher gelagert werden, um sie vor Überschwemmungen zu schützen. Neben datenbasierten Analysen führen unsere Risikoingenieur:innen auch Standortbegehungen durch und empfehlen massgeschneiderte Strategien zur Risikominderung. Dazu gehören beispielsweise Frühwarnsysteme, Hochwasserschutzanlagen, Wärmedämmung oder Küstenschutz, die Unternehmen dabei unterstützen, sich proaktiv an die sich wandelnden klimatischen Bedingungen anzupassen.
Trotz dieser Fortschritte sehen wir, dass die zunehmende Intensität und Häufigkeit von Naturkatastrophen langfristig auch finanzielle Auswirkungen haben wird. Versicherungsprämien dürften sich künftig der wachsenden Intensität und Häufigkeit von Naturereignissen anpassen – sie werden in vielen Regionen steigen. Wichtig ist es für Firmen regelmässig zu überprüfen, ob die Selbstbeteiligung und die Deckungslimiten ihren Bedürfnissen und ihren finanziellen Kapazitäten entsprechen. Verlängerte Laufzeiten von Policen sind auch eine Möglichkeit sich feste Prämien zu sichern.
Welche Rolle spielen staatliche Massnahmen im Risikomanagement?
Bund und Kantone investieren viel Geld in bauliche Errichtungen zur Reduzierung von Schäden durch Naturgefahren. Als Beispiel dienen hier die Hochwasserschutzmassnahmen im Reusstal (Kanton Uri) oder auch im Rohnetal im Wallis. Dort hat sich das Risiko für Schäden durch Überschwemmung wegen den Verbauungen in den letzten 20 Jahren merklich reduziert. Das gleiche gilt für Lawinenverbauungen oder Schutzmassnahmen gegen Steinschlag etc. Die Gefahrenkarten werden ausserdem bei baulichen Veränderungen durch die Kantone regelmässig angepasst und spiegeln sich in unseren Naturgefahrenmodellen wieder.
Über Annemarie Büttner Annemarie Büttner hat an der Technischen Universität München Umweltingenieurwesen studiert und sich in ihrer weiteren Laufbahn auf die Modellierung von Naturkatastrophen spezialisiert. Bevor sie 2022 zu Swiss Re kam, arbeitete sie als Analystin bei der Zurich Insurance und in der Zürcher Beratungsfirma CelsiusPro. Derzeit ist Annemarie Büttner bei Swiss Re Corporate Solutions für Lösungen im Umgang mit Klimarisiken zuständig.