Gemeinsam stärker für den MINT-Nachwuchs

Medienmitteilung

IngCH MINT for our future – aus zwei Vereinen wird ein gestärkter Verein. Per 1.11.2023 schliessen sich IngCH Engineers Shape our Future und NaTech Education zusammen und treten neu als IngCH MINT for our future auf. Die Begeisterung für MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) sowie die Förderung von MINT-Fachkräften auf allen Ebenen stehen im Zentrum der beiden Vereine und bleiben das Ziel der neuen Organisation.

Die ganze Medienmitteilung finden Sie hier.


Eine Forscherin kommt selten allein

Die Pharmazeutin Wiebke Saal sucht bei Roche nach dem besten Molekül. Es soll Menschen mit Darmerkrankungen helfen. Die Crux: Man kennt die Ursache der Krankheit nicht. Was tun? Wiebke macht es wie damals im Studium, als sie eine Prüfung wiederholen musste: sich reinknien. Und vor allem: auf Teamarbeit setzen.

Wiebke, du hast zwei kleine Kinder. Wie erklärst du ihnen deine Arbeit?

Meine Kinder interessieren sich mehr für das Hochhaus von Roche als für meine Arbeit (lacht). Wenn sie grösser sind, werde ich ihnen erklären, dass ich Moleküle entwickle, die kranken Menschen helfen können. Meine Arbeit besteht darin, das Molekül wirklich gut zu verstehen. Wie verhält es sich? Löst es sich gut auf, so wie Zucker? Oder ist es eher wie Mehl und klumpt unten zusammen? Was muss ich machen, dass es sich im Körper gut auflöst? Und dort hinkommen kann, wo es seine Wirkung zeigen kann?

Dein Team versucht ein Problem zu lösen: Die Medikamente für entzündliche Darmerkrankungen sollen besser werden. Was ist die Herausforderung daran?

Das Hauptproblem ist, dass wir die Ursache für die Erkrankung nicht genau kennen. Das macht es sehr schwierig, ein Medikament zu finden, das genau die Ursache angeht. Auf der anderen Seite ist es eine Krankheit, die immer wieder auftritt. Mal ist sie besser, mal wird sie schlimmer. Wodurch diese Schübe genau ausgelöst werden, weiss man nicht. Es können externe Faktoren sein, wie Stress. Man kann aber nicht genau sagen, welche Faktoren wann bei wem zu einem Schub führen. Diese Kombination von mangelnder Ursachenkenntnis und den Schüben erschwert unsere Arbeit.

Und wo genau setzt ihr da an?

Uns geht es darum, den Patient*innen bei einem Schub die Schmerzen zu nehmen und zu schauen, dass die Entzündung möglichst schnell wieder abflammt. Die Schmerzen dauern nach dem Schub noch lange an, was eine grosse Belastung für die Betroffenen ist. Wenn es hier eine wirksame Medikation gäbe, die gleichzeitig auch die Entzündung hemmt, wäre das super. Zu Beginn unseres Projektes vor drei Jahren haben wir uns ein Wirkungs-Prinzip überlegt. Dann haben wir dieses überprüft und ausprobiert, ob es funktioniert. Die chemischen Moleküle, die gut funktionieren, versuchen wir dann zu optimieren: Das heisst, wir schauen, dass sie im Körper möglichst gut aufgenommen und vertragen werden und dass sie keine Nebenwirkungen haben.

Forschung ist definitiv Gruppenarbeit. Das war mir nicht wirklich bewusst, als ich zu arbeiten begann.

Läuft der Prozess wie am Schnürchen?

Nein. Die Projekte sind zyklisch. Das heisst, bei den vorklinischen oder klinischen Studien finden wir oft heraus, dass das Molekül, das wir im Labor optimiert haben, dann doch Dinge tut, die nicht ideal sind. Dann gehen wir wieder einen Schritt zurück und schauen uns andere Moleküle an. Oft finden wir auch Dinge heraus, die spannend für andere Medikamente sind und daraus ergibt sich wieder ein neues Projekt.

Gab es Momente in deinem Studium, wo es nicht reibungslos lief? Wie bist du mit diesen Herausforderungen umgegangen?

Der Start an der Uni war für mich holprig. Der Stoff war viel umfangreicher und das Tempo viel schneller als an der Schule. Da habe ich mich schon gefragt: Wie krieg‘ ich das hin? Die Prüfung im Fach Instrumentalanalytik musste ich dreimal schreiben. Instrumentalanalytik ist übrigens das, was ich jetzt bei Roche am meisten mache (lacht). Hätte ich die dritte Prüfung nicht geschafft, wäre ich von der Uni geflogen. Ich habe mich dann mehr reingekniet und mir Hilfe bei den Mitstudierenden geholt, die mir viel erklärt haben. Der Studiengang war sehr klein, wir waren 30 Leute. Zu wissen, dass die anderen vor den gleichen Problemen stehen wie ich und man sich helfen kann, das hat mir während des Studiums sehr geholfen.

 Der Start an der Uni war für mich holprig. Ich habe mich dann mehr reingekniet und mir Hilfe bei den Mitstudierenden geholt.

Du arbeitest zusammen mit einem Laboranten und einem Chemiker. Wie würdest du eure Teamarbeit beschreiben?

Mit dem Laboranten arbeite ich sehr eng zusammen. Wir diskutieren, wie wir vorgehen, etwa wenn wir ein schwieriges Molekül haben, das sich schlecht lösen lässt. Was probieren wir aus, was könnte funktionieren und was  nicht? Der Laborant führt die Arbeiten dann aus und wir interpretieren die Ergebnisse zusammen. Mit dem Chemiker bin ich in einem grösseren Projektteam. Hier geht es zum Beispiel darum, mehr Wirkstoff herzustellen, damit dann auch die klinischen Phasen beliefert werden können. Vorher werden ja nur ein paar Milligramm hergestellt und später dann schon Kilogramm. Mit dem Chemiker mache ich auch die Planung und Strategie für das Projekt, damit wir es gut weitergeben können in die klinische Phase.

Hast du eine Erklärung dafür, weshalb man Forscher*innen oft als Einzelkämpfer*innen wahrnimmt, obwohl sie eigentlich vor allem im Team arbeiten?

Ich kann mir vorstellen, dass wir jene Forscher*innen als Einzelpersonen wahrnehmen, die sehr weltveränderende Ideen und einen speziellen Charakter hatten. In der Realität  haben auch diese grossen Forscher*innen in Teams gearbeitet. Forschung ist definitiv Gruppenarbeit. Das war mir auch nicht wirklich bewusst, als ich zu arbeiten begann. Erst im Projekt merkte ich: Es braucht die Arbeit der anderen für meine Arbeit und die anderen sind auf meine Arbeit angewiesen. Man kann nicht einfach sagen: So, das lassen wir jetzt mal weg. Dann funktioniert es nämlich nicht. Es braucht alle Teile.

Es lohnt sich, die Syntheserouten anzuschauen und weniger Lösungsmittel zu verwenden oder solche, die weniger umweltschädlich sind.

Was denkst du, wo kann die Chemie am meisten beitragen, um die Welt von morgen besser zu machen?

Ich denke im Bereich Umweltschutz. Es gibt schon Lösungen im kleinen Massstab, die die konventionellen Lösungen sehr gut ablösen können. Ein Nischenbeispiel aus der Industrie sind die Syntheserouten: Hier verwendet man sehr viel organische Lösungsmittel, was umwelttechnisch nicht ideal ist. Hier lohnt es sich, die Syntheserouten anschauen und weniger Lösungsmittel zu verwenden oder solche, die weniger umweltschädlich sind.

Im Juli 2023 fand in der Schweiz die Internationale Chemie-Olympiade statt. Welche Erinnerungen werden da bei dir wach?

Mit 15 habe ich an der Chemie-Olympiade in Deutschland teilgenommen. Die erste Runde musste man von zu Hause aus lösen. Für die zweite Runde durfte ich mich zusammen mit einem Freund für mehrere Tage an der Uni in die Chemie-Vorlesungen setzen. Ich komme vom Land: Ich konnte Grosstadt-Luft und Uni-Luft schnuppern, das war super. Das Knobeln an den Aufgaben hat mir wirklich Spass gemacht!

 

Originaltext: Science Olympiad
Interview: Miriam Sager
Bild: Claudia Cristen


Susanne Metzger

Universität Basel


Christina Colberg

Pädagogische Hochschule Thurgau


Fünf Fragen an Fabienne Hartmann-Fritsch, Referentin an den Technik- und Informatikwochen

Fabienne Hartmann-Fritsch hat an der ETH Zürich Biologie studiert und später an der Universität Zürich doktoriert. Sie ist ausserdem Mitgründerin der Firma CUTISS, einem Start-Up und Spin-off der Universität Zürich, welches personalisierte Haut für brandverletzte Patient:innen im Labor herstellt. An unseren Technik- und Informatikwochen hält sie regelmässig Referate über ihre Arbeit bei CUTISS und die Start-Up-Welt.  

 

  1. Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?

Besonders fasziniert es mich den Weg zu sehen, wie etwas aus der Grundlagenforschung dann schlussendlich am Menschen angewandt werden kann und wie viele Jahre Forschung dahinterstecken, bis man die Bewilligung bekommt, etwas am Menschen zu testen. Ausserdem ist auch die Zusammenarbeit mit den Spitälern sehr spannend, um zu sehen, wie heute die Ärzt:innen arbeiten und die Patient:innen versorgt werden und natürlich auch das Potenzial zu sehen, wie es mit unserer Methode in Zukunft aussehen könnte.

 

  1. Welche Profile (Studiengang, Persönlichkeit, Berufserfahrung, Wissen) sind für Ihr Unternehmen interessant?

Bei uns arbeiten Leute aus ganz unterschiedlichen Bereichen, z.B. haben wir Ingenieur:innen im Bereich der Automatisierung, um unsere Herstellungsprozesse zu automatisieren oder Biolog:innen, die klinische Studien machen sowie Biochemiker:innen, die in der Forschung an der Produktweiterentwicklung arbeiten. Wir haben aber auch Pflegefachpersonen, welche dann die klinischen Studien von der Patienten-Seite her betreuen. Ausserdem sind bei uns natürlich auch HR-, Admin- und Logistikmitarbeitende angestellt. Insgesamt sind wir also sehr breit aufgestellt. Wenn man Lust hat zu lernen und sich weiterzubilden, dann gibt es viele Möglichkeiten, auch wenn man nicht den perfekten Lebenslauf hat.

 

  1. Welchen Tipp hätten Sie bei der Gründung des Start-ups rückblickend gerne erhalten?

Ich glaube, man tendiert automatisch dazu, dass man sich nur auf das Kernbusiness fokussiert und dieses aufzieht. Es ist aber genauso wichtig, dass man auch schon früh probiert, die ganze Firma an sich aufzubauen und interne Prozesse vorzubereiten. Es lohnt sich, Bereiche, die vielleicht nicht im eigenen Fokus sind, trotzdem von Anfang an sauber aufzubauen. Denn anfänglich mit einem kleinen Team weiss jeder alles, aber jetzt mit etwa 40 Personen geht das nicht mehr und man muss aufteilen und abgeben. Dafür braucht es Prozesse und Strukturen.

 

  1. Welchen Beitrag leisten die Technik- und Informatikwochen aus Ihrer Sicht zur MINT-Nachwuchsförderung?

Die Technik- und Informatikwochen leisten einen sehr wichtigen Beitrag, denn es gibt viele junge Menschen, die diese vielen technischen Studiengänge und Berufe gar nicht auf dem Radar haben. Für sie ist es extrem wichtig zu sehen, was es überhaupt alles für Möglichkeiten gibt. Für diejenigen, die sich bereits schon etwas informiert haben, ist die Woche vor allem spannend, um die Vielfalt der MINT-Berufe und -Studiengänge noch genauer kennenzulernen. Grundsätzlich braucht es aber auch in der Gesellschaft einen Wandel im Bewusstsein für MINT-Berufe. Denn diese sind es, die je länger je mehr die Welt gestalten und prägen, z.B. mit der Automatisierung und Digitalisierung, und natürlich auch an Wichtigkeit gewinnen.

 

  1. Welchen Tipp geben Sie jungen Menschen in der Berufs- und Studienwahl?

Es lohnt sich, vor allem am Anfang zu investieren, einen Studiengang zu wählen und dann für diesen zu lernen. Auch wenn es am Anfang hart ist – das Grundstudium mochte ich gar nicht und ich musste sehr dafür kämpfen –, sollte man wirklich versuchen, in das Studium zu investieren, ambitioniert zu sein und es durchzuziehen. Denn die meisten Studiengänge werden in den höheren Semestern besser, wenn man selber mehr wählen und sich spezialisieren kann.

 

 

 

Interview: Lena Frölich, Projektmitarbeiterin IngCH

Bild: Geri Born


Heike Steiling

Für die Forschung und Entwicklung von nachhaltigen, nährstoffreichen und leckeren Lebensmitteln ist wissenschaftlicher und technischer Fortschritt entscheidend. Die Schweiz ist ein einzigartiger Standort mit breit gefächerten, spannenden MINT Berufen und einer Vielzahl renommierter Universitäten und Hochschulen. Deshalb ist es für Nestlé eine Herzensangelegenheit, die Bildung und Ausbildung von jungen Menschen hier zu fördern und mit ihnen die Zukunft in der Nahrungsmittelindustrie gemeinsam zu gestalten.


Reto von Salis Portrait

Reto von Salis

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die jungen Talente der SBB sehr viel beisteuern und wir junge, motivierte Ingenieurinnen und Ingenieure benötigen. Die IngCH-Mitgliedschaft ist unter anderem eine Investition in die Fachkräfte-Rekrutierung.

 


Hansjörg Buchser

Wenn wir den Standort Schweiz weiterhin «top» halten wollen müssen wir auch etwas dafür tun. Technisches Grundwissen, analytisches und vernetztes Denken, Innovationsfähigkeit sowie Kreativität sind mehr denn je gefragt. Diese Fertigkeiten gilt es zu schulen, fördern und honorieren. Das beginnt bereits beim ganz jungen Nachwuchs. Um die Skills der Berufe von morgen aufzubauen, müssen wir heute Interesse wecken und Wissensdurst stillen, geschlechter- und altersunabhängig. Darum engagiere ich mich persönlich mit Accenture für die MINT-Förderungen unserer Talente.


Philipp Spaeti Portrait

Philipp Spaeti

IBM Schweiz ist es wichtig, einerseits den Standort Schweiz zu stärken und andererseits unseren Standort mit entsprechenden Talenten zu besetzen. Uns interessiert unsere eigene Nachwuchsförderung, aber IBM Schweiz lebt natürlich auch vom Werkplatz Schweiz. Darum ist es für uns auch wichtig, dass das ganze Ökosystem und die Industrie mit guten Skills ausgestattet sind und wachsen können.


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